Autonome schleudern Feuerlöscher und Waschbecken auf Polizisten. 13 Beamte verletzt. Bezirksamt Altona hatte Szene-Treffen genehmigt

Altona. Bei der Besetzung eines leer stehenden Gebäudes an der Breiten Straße in Altona ist es in der Nacht zum Freitag zu schweren Angriffen auf Polizisten gekommen. Linksautonome haben nach Angaben der Behörden 13 Beamte mit Feuerlöschern und einem Waschbecken beworfen und leicht verletzt. Polizisten nahmen fünf Verdächtige – vier Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren und eine 17-jährige Jugendliche – fest. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie Haftbefehl wegen gemeinschaftlich versuchten Totschlags beantragen kann. Jedenfalls wurde die Mordkommission in die Ermittlungen einbezogen. Die Krawalle dürften im Zusammenhang mit den „Squatting Days“ stehen, für die die Stadt eine öffentliche Fläche als Camp bereitgestellt hatte.

Rund 30 Menschen hatten sich Donnerstagabend vor den leer stehenden Häusern in der Breiten Straße 114/116 aufgehalten. An dem Gebäude hingen Transparente mit der Aufschrift „Besetzt“ und „Ist und bleibt unser Haus“. „Aus den Fenstern des Hauses heraus wurden Polizeikräfte von mindestens fünf Tätern massiv und gezielt mit Pyrotechnik, Flaschen und anderen Gegenständen wie einem Waschbecken, Feuerlöschern und Türblättern beworfen“, sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Was die Staatsanwaltschaft weiter nicht preisgeben wollte, sickerte dennoch durch. Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren, sprachen von einer Falle, in die sie gelockt worden waren. Danach wurden sie nicht nur, wie oft in der Vergangenheit, mit Steinen und Flaschen beworfen. Das Haus selbst war verbarrikadiert worden. „Hinter jeder Tür waren Hindernisse, die wohl ein Nachsetzen der Polizei verhindern sollten“, so ein Beamter. Am Ende bemerkten die Einsatzkräfte noch, dass der Boden im Haus mit einer brennbaren Flüssigkeit bedeckt war. Auch Brandsätze, sogenannte Molotowcocktails und Nato-Draht, wurden gefunden.

Polizei rechnet auch am Wochenende mit Ausschreitungen

Möglicherweise sollte Feuer gelegt werden, wenn die Polizei das Haus stürmt. Doch die Einsatzkräfte konnten die Besetzer überrumpeln. Statt direkt in das Gebäude einzudringen, waren die Beamten über das Dach eines Nebenhauses gekommen.

Dem Polizeieinsatz folgte akribische Spurensuche, die vermutlich mehrere Tage dauern wird. Es wird nach Beweisen, beispielsweise Fingerabdrücke oder DNA der fünf Festgenommenen gesucht. Die saßen am Donnerstagnachmittag noch immer bei der Polizei. Sie kommen aus Hamburg, Norderstedt und Henstedt-Ulzburg. Zur Vita der Festgenommenen, insbesondere ob sie bereits im Zusammenhang mit politisch motivierten Straftaten aufgefallen oder als Angehörige der Szene bekannt sind, wollte die Staatsanwaltschaft mit Hinweis auf die „schutzwürdigen Interessen“ der jüngeren Männer nichts sagen.

Der Besetzung war ein langes „Vorgeplänkel“ vorausgegangen. Am frühen Abend hatten sich rund 180 Personen aus der linken Szene am Bauwagenplatz „Zomia“ an der Max-Brauer-Allee versammelt, um zu demonstrieren. Es folgte ein Katz-und-Maus-Spiel, das gegen 21 Uhr im Schanzenviertel endete. Zwei Stunden später war das Haus an der Breiten Straße besetzt.

„Ich bin entsetzt, was da passiert ist“, sagte Liane Melzer (SPD), Leiterin des Bezirksamtes Altona, das das sogenannte Hausbesetzer-Camp im August-Lütgens-Park genehmigt hatte. Die Erlaubnis war hoch umstritten, weil dieses Treffen eine Art Fachtagung für Hausbesetzer ist. „Wir haben das gemacht, weil wir nicht gleich auf Konfrontation, sondern auf eine kooperative Lösung gesetzt haben“, so Melzer. Die Szene selbst, so steht es in einem internen Bericht der Polizei, hatte die Genehmigung nicht nur gefeiert, sondern auch anders bewertet: Die Verwaltung habe sich dem Druck der Veranstalter und ihrer Sympathisanten beugen müssen.

Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, und die CDU fordern, dass das Treffen aufgelöst wird. „Bevor man das Camp eines Hausbesetzer-Kongresses genehmigt hat, hätte man sich vielleicht kurz die Frage stellen sollen, was die Teilnehmer wohl vorhaben könnten“, sagt Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU. „Häuser zu besetzen, wäre die naheliegende Antwort darauf gewesen und der notwendige Schluss daraus hätten angemessene Sicherungsmaßnahmen sein müssen.“ Durch die leichtsinnige Fehleinschätzung des Krawall-Camps seien Leib und Leben von Polizisten in Gefahr gebracht worden.

Die Verwaltung wird zunächst die Genehmigung nicht zurückziehen. Ihre Begründung: Es gebe keine Handhabe. Laut Bezirksamtsleiterin habe die Polizei keine Erkenntnisse, wonach die Besetzung aus dem Camp heraus geschehen sei. „Deshalb können wir die Genehmigung auch nicht widerrufen“, sagte Melzer. Aber das Camp stehe jetzt unter „besonderer Beobachtung“.

„Es war schon grenzenlos naiv, die Genehmigung für das Camp zu erteilen“, sagt Polizist Lenders. Dass es einen Zusammenhang zwischen Hausbesetzung und den „Squatting Days“ gebe, müsste „selbst für den dümmsten Betrachter“ auf der Hand liegen.

„Jetzt haben wir eine Situation, wo wir es der Szene ermöglichen sich auszuruhen und zu stärken, um dann neue Pläne auszuhecken und neue Aktionen zu starten“, sagt Lenders.

Davon machte die Szene offenbar Gebrauch. Am Donnerstag blockierten rund 70 Personen die Kantine der Finanzbehörde. Am Nachmittag wurde der ehemalige Bauwagenplatz an der Schützenstraße besetzt. Es blieb zunächst friedlich. Am Sonnabend ist von 13 Uhr an eine Abschlussdemonstration mit mehreren Zwischenkundgebungen im Schanzenviertel und auf St. Pauli geplant.

Die Polizei rechnet offenbar mit Krawall. Nicht nur alle verfügbaren Beamten aus Hamburg werden im Einsatz sein. Die Polizei hat ein Ersuchen an andere Bundesländer geschickt mit dem Ziel, am Sonnabend auswärtige Hundertschaften als Unterstützung zu bekommen.