Eine Glosse von Daniel Herder

Mit dem Rauchen aufzuhören, das ist so eine Sache – insbesondere wenn man die edle Absicht seinen Kollegen kundtut. Sie beobachten schließlich jeden Schritt, oder besser jeden Zug, mit Argusaugen. Wehe, da hängt eine Fluppe im Mundwinkel!

Schwache Momente des spontanen, ungezügelten Rückfalls darf man sich also nicht leisten, da gilt man gleich als Schwächling, als Verlierer. Eben einer, der es nicht gepackt hat. Der großspurig eine Ankündigung macht und sie dann nicht einhält.

Dabei ist es schon eine wahre Pein, dem Nikotin abzuschwören, selbst bei nur mittelgradiger Abhängigkeit, was bedeutet: Eine Kippe am Morgen musste eigentlich nie zwingend sein. Dennoch lauern im Alltag überall Stimulanzien, widerliche Widerhaken der Sucht, die selbst bei gemäßigten Nikotinabhängigen Instinktverhalten auslösen. Und wenn die innere Handlungsbereitschaft hoch genug ist, so lehrt einen die Verhaltensbiologie, führt das mitunter zu einer völlig sinnlosen Übersprungshandlung. Das kennt man von Hähnen, die sich kampfbereit gegenüberstehen und die nicht recht wissen, was sie tun sollen: Angreifen oder doch besser fliehen? Und die dann, den inneren Konflikt lösend, in eine seltsame Pickbewegung verfallen. Jawohl. Picken, nicht hacken!

Am Anfang steht beim Raucher aber das sogenannte Appetenzverhalten, meint: Die Nervosität steigt, das Verlangen direkt in der Magengrube ist spürbar, der Junkie sucht nach irgendeinem Auslöser. Aber wo ist der? Perlender, kalter Weißwein zum Beispiel, das Glas leicht beschlagen. Weckt garantiert den Rauch-Dämon. Genau wie eiskaltes Bier, ein Kaffee oder auch Stress, dem nach der Arbeit früher die Belohnungszigarette folgte. Und dann ist da noch Kollege K., dem als treuer Begleiter stets der Dunst extrastarker Selbstgedrehter folgt. Zuletzt ließ er seinen Tabak mit dem ultrakräftigen Aroma auf dem Tisch liegen. Der Geruch nebelte einen förmlich ein, ein aromatischer Auslöser par excellence. Für den Noch-Süchtigen duftete es unentwegt nach sofortiger Problemlösung.

Rauchen oder stark bleiben, kämpfen oder fliehen? Die Optionen lagen buchstäblich auf dem Tisch. Sie ahnen es schon: Ich habe dann selbstverständlich nach irgendwelchen Körnern auf dem Tisch gepickt.