Senat investiert 17 Millionen Euro in die U-Haftanstalt Holstenglacis. Sexualstraftäter brach mit Essbesteck Mauer auf

Hamburg. Der vermutlich marodeste Gefängnistrakt in Hamburg soll endlich saniert werden. Der SPD-geführte Senat hat im Zuge seiner Beratungen zum Haushalt 2015/16 beschlossen, den B-Flügel der Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis für knapp 17 Millionen Euro umfassend zu sanieren. Wenn die Bürgerschaft zustimmt, können die Bauarbeiten im April 2015 beginnen.

Der Bauzustand des B-Flügels, der noch weitgehend im Original von 1881 erhalten ist, entspricht seit Langem nicht mehr den Anforderungen eines modernen Vollzugs der U-Haft. In den Hafträumen lassen sich die Heizungen nicht regulieren, viele Zellen haben keine Steckdosen. Es gibt keine abgetrennten Sanitärbereiche in den Zellen, und die Geruchsverschlüsse der Abwasserrohre erfüllen infolge Altersschwäche häufig nicht mehr ihren Zweck.

Vor allem aber entspricht das Gebäude nicht mehr den Sicherheitsanforderungen an ein Gefängnis. Die Außenmauern sind nicht nur durchfeuchtet, sondern an vielen Stellen porös. Vor einem Jahr war einem 25 Jahre alten mutmaßlichen Sexualstraftäter eine spektakuläre Flucht aus dem B-Flügel gelungen. Mit einfachen Werkzeugen wie seinem Essbesteck löste er Mauerbrocken aus der Wand und brach den Fensterrahmen heraus, sodass er sich durch ein kleines Loch zwängen und mit einem Bettlaken abseilen konnte.

Der Senat räumt ein, dass der Ausbruch dazu geführt hat, dass die über Jahre aus Kostengründen aufgeschobene Sanierung nun in Angriff genommen werden soll. „Im Rahmen der Aufarbeitung der Entweichung eines Gefangenen im Juli 2013 wurde beschlossen, die Planung zur Sanierung des B-Flügels vorzuziehen ..., um direkt nach dem Beschluss der Bürgerschaft über den Haushalt 2015/2016 mit den Sanierungsarbeiten beginnen zu können“, heißt es jetzt in der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels.

Von der Sanierung sind 108 Hafträume und 81 Funktionsräume betroffen, zu denen Sicherungs- und Transportstationen sowie Büros und Technikräume zählen. Der B-Flügel ist Teil des Zentralbaus der U-Haftanstalt, der in panoptischer Bauweise errichtet wurde. Wie in der Strafvollzugsanstalt Fuhlsbüttel auch können die Mitarbeiter vom Rundbau in der Mitte aus in alle vier Flügel blicken. „Die Sanierung des B-Flügels ist eine wichtige Investition in den Hamburger Vollzug. Wir wollen den Standort mit all seinen Vorteilen dauerhaft sichern“, sagt Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD).

Von den insgesamt 493 Haftplätzen des Untersuchungsgefängnisses mit seinen rund 400 Mitarbeitern sind derzeit 407 belegt. Zu dem Komplex gehört auch das Zentralkrankenhaus für Gefangene. Jährlich werden rund 4000 Gefangene neu aufgenommen. Von der Haftanstalt aus werden Gefangene über einen unterirdischen Gang zu Verhandlungen in das benachbarte Strafjustizgebäude geführt.