Naturschutzprojekt in der Innenstadt. Ziel: Wanderfische sollen sich wieder vermehrt in der Alster ansiedeln. Start im August

Altstadt. Der Startschuss für das ehrgeizige Naturschutzprojekt „Lebendige Alster“ fiel schon vor drei Jahren: Damals starteten die Behörde für Umwelt- und Stadtentwicklung (BSU) gemeinsam mit den drei Naturschutzverbänden BUND, Nabu sowie der Aktion Fischotterschutz. Dabei geht es um die naturnahe Entwicklung der Alster und ihrer 20 Nebengewässer. Immerhin ist der 56 Kilometer lange, nach Elbe und Bille drittlängste Hamburger Fluss für die Entwässerung eines Gebietes von rund 580 Quadratkilometern zuständig, was einer Fläche von mehr als zwei Dritteln des gesamten Stadtgebiets (755Quadratkilometern) entspricht.

Zu dem Projekt, „einem Novum, das zeigt, welch hohe Priorität die Verbände der ökologischen Entwicklung der Alstergewässer beimessen“ (BUND), gehört auch der Bau zweier neuer Fischtreppen an der Rathausschleuse sowie an der Mühlenschleuse (Nikolaifleet). Sie sollen jetzt ab Mitte, spätestens jedoch Ende August dieses Jahres dafür sorgen, dass sich Wanderfische wieder in der Alster ansiedeln. Vor allem der Bau der Fischtreppe an der Rathausschleuse hatte sich immer wieder verzögert: Zum einen musste das Bauverfahren wegen des extrem weichen Untergrunds geändert werden.

BSU-Sprecher Sebastian-Magnus Kutz sagte: „Ursprünglich sollten die erforderlichen Gründungsarbeiten in einem trocken gelegten Baubereich erfolgen, doch da unvorhersehbare Schwierigkeiten bei der Abdichtung der Baustelle auftraten, mussten die meisten dieser Arbeitsschritte durch Taucher vorgenommen werden.“ Doch die Gesamtkosten von rund einer Million Euro seien nicht überschritten worden.

Darüber hinaus sind die Alsterarkaden an der Rathausschleuse denkmalgeschützt, sodass sie einzelnen „Treppenstufen“, eigentlich Stahltröge, angepasst werden mussten – sie erinnern in ihrer jetzigen Form an Schaufelbagger. Darüber hinaus will die Stadt nicht nur ihr Naturschutzengagement unter Beweis stellen, sondern ihren Bürgern (und natürlich auch den vielen Touristen) etwas Besonderes bieten: Durch Unterwasserkameras soll es zukünftig möglich sein, die Wanderfische auf Monitoren zu beobachten – wenn sie sich überhaupt in den künstlichen Wasserlauf locken lassen.

Das typische Verhalten von Wanderfischen ist es, gegen den Strom zu schwimmen. Auf ihrem Weg aus der Elbe in die gestaute Binnenalster müssen sie dabei eine Höhendifferenz von rund 1,4 Metern überwinden, indem sie (bergauf) mehrere aufeinanderfolgende Becken durchschwimmen. Doch fürs Finden des richtigen Weges kommt es auch auf die Fließgeschwindigkeit des ablaufenden Wassers an. „Bei der Alster besteht das Problem, dass tagsüber nur sehr wenig Wasser abgelassen wird. Nachts dagegen sinkt der Pegel im Durchschnitt stets um zehn Zentimeter“, sagt Wolfram Hammer, 56, Diplombiologe und einer der Sprecher des Projekts „Lebendige Alster“.

Dementsprechend stark sei dann die Gegenströmung des abfließenden Alsterwassers, sodass die Fische ihre Treppe – auf der weniger Durchfluss herrscht – eventuell gar nicht erst entdecken. „Aber das sind nur kleinere Stellschrauben, an denen wir noch ein wenig drehen müssen“, sagt Hammer optimistisch.

Letztlich geht es um den Schutz des Grundnahrungsmittels Wasser. Denn eine gesunde Fischpopulation ist ein unbestechlicher Qualitätsanzeiger für Gewässer. „Ab nächstem Jahr wollen wir das Laichverhalten der Wanderfische genau untersuchen“, sagt Hammer. Die Meerforelle interessiert den Biologen dabei besonders, da sie ihre Eier in möglichst tiefem Wasser ablegt. Schlüpfen die Larven trotzdem in ausreichender Zahl, kann dies als Hinweis auf sauerstoffreiches Wasser gewertet werden – auf gute Wasserqualität. Und: Meerforellen sind beliebte Angel- und Speisefische. Das bisher größte in Deutschland gefangene Exemplar maß 1,28 Meter und wog rund 18 Kilogramm.

Mit der Fertigstellung der beiden Fischtreppen setzt die Stadt Hamburg die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union um. Sie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, ihre Gewässer bis zum Jahr 2015 in einen guten ökologischen und chemischen Zustand zu bringen, wofür in Hamburg eben auch die „Durchgängigkeit der Alster- und Elbegewässer für Fische hergestellt werden muss“.

Werden die Richtlinien nicht beachtet, droht der Stadt Hamburg eine Strafzahlung, die 100.000 Euro betragen kann – und zwar pro Tag. „Die Durchgängigkeit wird vorerst leider nur bis zur Fuhlsbüttler Schleuse hergestellt“, sagt Wolfram Hammer, „gemäß der Richtlinie der Europäischen Union müssten Fischtreppen aber auch noch in die Poppenbüttler, die Mellingburger sowie in die Wohldorfer Schleuse eingebaut werden.“

Für diese Schleusen sei jedoch der Bezirk Wandsbek zuständig, der aber ohnehin schon mehr als 400 Kilometer Uferlinien betreut und „vermutlich deshalb mit der Planung ein wenig hinterherhinkt“, wie Wolfram Hammer gegenüber dem Hamburger Abendblatt vermutet.