Polizeibekannter 21-Jähriger vergeht sich an Erstklässlerin in Niendorf. Der Hausmeister der Grundschule hielt ihn auf

Niendorf. Der Schock sitzt tief. Psychologen sind an die Schule geeilt, sprechen mit den Kindern über die verstörende Tat. Mit einem Brief an die Eltern versucht die Schulleitung zu beruhigen: Nach dem sexuellen Missbrauch einer Erstklässlerin ist an der Grundschule Moorflagen nichts wie es einmal war. Ein junger Mann hatte das Mädchen am frühen Montagnachmittag über den Zaun gezogen, der das Schulgelände umschließt. Er zerrte die Siebenjährige in ein Gebüsch, nötigte und missbrauchte sie. Aufgehalten wurde der Täter erst vom Hausmeister der Schule am Wagrierweg.

„Der Hausmeister hat alles stehen und liegen lassen und sofort versucht, der Schülerin zu helfen“, lobt der Pressesprecher der Schulbehörde, Peter Albrecht, den Einsatz des Schulangestellten Alwin G. einen Tag nach der Tat. „Er hat Zivilcourage bewiesen.“ Noch sind die genauen Umstände der Tat nicht geklärt, ebenso wenig die Frage, wer den Hausmeister alarmierte. Sicher ist jedoch: Der Mann sprang dem mutmaßlichen Sexualstraftäter selbstlos hinterher, griff ihn an und konnte ihn letztlich in die Flucht schlagen.

Der Hausmeister verfolgte den Mann allerdings nicht, sondern kümmerte sich zunächst um das Mädchen. Am späten Nachmittag dann konnte der Täter, ein bereits polizeibekannter 21-Jähriger, festgenommen werden. Augenzeugen hatten die Ermittler auf seine Spur geführt. „Alles Weitere ergaben die Ermittlungen“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren.

Sexueller Missbrauch von Kindern wird mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft

Am frühen Dienstagnachmittag gegen 13 Uhr wurde der arbeitslose Hamburger einem Haftrichter vorgeführt. Wenig später stand fest: Er kommt in Untersuchungshaft. Ausgestellt wurde der Haftbefehl wegen des „Verdachts der sexuellen Nötigung, des sexuellen Missbrauchs eines Kindes und vorsätzlicher Körperverletzung“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Carsten Rinio. Weitere Angaben machte er nicht. Begründet wurde der Haftbefehl mit einer möglichen Fluchtgefahr, insbesondere angesichts der „erheblichen Freiheitsstrafe“, die der junge Mann jetzt zu erwarten hat. Sexueller Missbrauch von Kindern kann mit bis zu zehn, sexuelle Nötigung sogar mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.

Über das Motiv des 21-Jährigen kann bislang nur spekuliert werden: Einschlägig in Erscheinung getreten sei er bislang nicht, erklärte Sprecher Rinio. Allerdings ist er auch kein Unbekannter: Die Ermittler kennen ihn wegen verschiedener „jugendtypischer Delikte“, die er bereits begangen haben soll, darunter Drogendelikte, Diebstähle und ein Verstoß gegen das Waffengesetz. Wegen Drogenhandels wurde er zudem bereits verurteilt.

Während der Nachmittagsbetreuung um kurz nach 14 Uhr soll er das Mädchen an dem Schulzaun angesprochen, zu sich gelockt und kurz darauf mit beiden Händen gepackt haben.

Er zog es über den teilweise mit 1,30 Meter nur hüfthohen, allerdings mit Stacheldraht versehenen Zaun und verschwand mit dem Kind in einem angrenzenden Waldstück, sagte ein Ermittler. Dort soll er es zu Boden gebracht und missbraucht haben. Wie weit der Tatort von dem Schulgelände entfernt liegt, ist nicht bekannt. Bei der Tat soll das Mädchen verletzt worden sein, erfuhr das Abendblatt. Auf Nachfrage hieß es nur, es gehe der Schülerin den Umständen entsprechend.

Mit einem Schreiben wandte sich die Schulleitung an die beunruhigten Eltern

Eine gleichaltrige Mitschülerin soll den Übergriff beobachtet und in der Schule gemeldete haben, woraufhin der Hausmeister losrannte, hieß es. Anderen Quellen zufolge soll das betroffene Mädchen selbst laut um Hilfe gerufen haben und so den Hausmeister auf sich aufmerksam gemacht haben. In einem Schreiben wandte sich die Schulleitung, die sonst keine Informationen herausgab, bereits an die beunruhigten Eltern: „Wir werden noch einmal die richtigen Verhaltensweisen in solchen Situationen trainieren, denn es hat sich ja gezeigt, dass die Kinder sich hier genau richtig verhalten haben”, heißt es dort. Außerdem: „In den Klassen wird allen Kindern Gelegenheit gegeben, über ihre Ängste zu sprechen.“ Medienberichten zufolge sollen Eltern der Grundschüler bereits eine stärkere Sicherung des Schulgeländes, insbesondere durch höhere Zäune, gefordert haben.

Das Opfer wird laut Schulbehörde professionell betreut. Mitarbeiter der Beratungsstelle Gewaltprävention waren am Dienstag zudem in der Schule. Der schlimme Vorfall sei Thema in der ganzen Schule, sagte Sprecher Albrecht: „Es sind noch alle geschockt.” Der Fall ist der dritte schwere Missbrauch, der an die Öffentlichkeit gelangte: Erst im Dezember hatte sich ein Mann in Hoheluft-Ost als Polizist ausgegeben und zwei sieben und neun Jahre alte Mädchen missbraucht. Drei Wochen zuvor hatte ein 63-Jähriger in Harburg eine Fünfjährige in seine Wohnung verschleppt.