Im Internet können Hamburger ab sofort Vorschläge machen, wie mögliche Sommerspiele in der Stadt aussehen sollen. Auch Kritik ist gefragt. „Alle Argumente für und gegen Olympia müssen auf den Tisch“, sagt Neumann.

Hamburg. Mit heißem Herzen und kühlem Kopf will Hamburgs Sportsenator Michael Neumann, 44, das Jahrhundertprojekt Olympiabewerbung angehen. Jetzt ist erst einmal der Verstand aller Hamburger gefragt. Von diesem Freitag an können im Internet über das Stadtportal www.hamburg.de bis zum 1. August Vorschläge gemacht und Ideen entwickelt werden, wie und wo, aber auch warum oder warum nicht Sommerspiele in der Stadt 2024 oder 2028 durchgeführt werden sollen.

Von der Startseite führt ein Link direkt zum Fragenkatalog des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Der erwartet bis zum 31. August von den beiden Olympiakandidaten Berlin und Hamburg Antworten zu 13 Komplexen. Der erste Fragekomplex des DOSB lautet dabei: „Warum will Ihre Stadt die Olympischen und Paralympischen Spiele ausrichten? Wie sollten die Bürger/Innen in Ihrer Stadt und ganz Deutschland davon profitieren? Und was wäre gegebenenfalls der Gewinn der Spiele für die olympische Bewegung und den Sport in Deutschland? Benötigt die Stadt weitere U-Bahn-Strecken?“

Professionell befasst sich bereits seit Wochen eine von Neumann eingesetzte Projektgruppe aus sechs Behördenmitarbeitern mit der Erarbeitung der Antworten. Auch die werden, voraussichtlich Ende August, im Internet veröffentlicht und zeitgleich der Bürgerschaft zugestellt. Am nächsten Mittwoch trifft sich das Team in Hamburg mit der Frankfurter Agentur Albert Speer & Partner, die Hinweise geben soll, in welche Richtung und wie ausführlich der DOSB Antworten auf seine zum Teil sehr offenen Fragen erwartet. Ein ähnlicher Workshop mit Berliner Behördenvertretern ist ebenfalls für die nächste Woche anberaumt.

Das DOSB-Präsidium behält sich vor, die Antworten der beiden Städte selbst auszuwerten. Eine erste Entscheidung will der Sportbund auf seiner Präsidiumssitzung Mitte September treffen. Die DOSB-Mitgliederversammlung am 6. Dezember in Dresden soll schließlich den Vorschlag des Präsidiums absegnen. Beschließt der DOSB eine deutsche Bewerbung schon für die Sommerspiele 2024, muss im November 2015 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) das Interesse formell bekundet werden. Detaillierte Pläne wie Kostenvoranschläge verlangt das IOC erst im Frühjahr 2016. Die Entscheidung über den Ausrichter der Sommerspiele 2024 trifft die IOC-Mitgliederversammlung im Juli 2017.

„Wir erwarten jetzt von den Hamburgern viele Anregungen, aber auch kritische Fragen, je mehr, desto besser“, sagt Senator Neumann. Die Vorschläge der Bürger sollen in die Beantwortung der DOSB-Fragen einfließen. Die Volksbefragung bildet den ersten Teil der öffentlichen Olympiakampagne des Senats. Ziel bleibt es, die Hamburger von Anfang an in eine mögliche Bewerbung eng einzubinden. Am nächsten Montag folgt um 18 Uhr im Alexander-Otto-Saal des Haus des Sports am Schlump, dem Sitz des Hamburger Sportbundes (HSB), eine Diskussion mit Vertretern Hamburger Sportvereine. Zudem plant Neumann eine Veranstaltungsreihe („Summer School“), in der Olympiabefürworter und -gegner aus Hamburg, Deutschland und dem Ausland Vorträge halten sollen. Termine wie Referenten stehen noch nicht fest. „Wir wollen das gesamte Verfahren so transparent wie möglich gestalten. Alle Argumente für und gegen Olympia müssen auf den Tisch“, sagt der SPD-Politiker.

Letzter Akt der Bürgerbeteiligung wäre nach einem DOSB-Votum für Hamburg ein Referendum, das dann wohl im Mai 2015 abgehalten würde. Die CDU-Fraktion der Bürgerschaft hatte am 21. Mai den Antrag zum „Erlass eines Gesetzes zur Ermöglichung von Volksbefragungen“ gestellt. Die konnten in Hamburg bislang nicht durchgeführt werden. Der Antrag liegt jetzt beim Verfassungsausschuss der Bürgerschaft. Das Gesetz braucht im Parlament eine Dreiviertel-Mehrheit. „Um Bürger in politischen Entscheidungen von Anfang an besser einzubinden, eignen sich vor allem Volksbefragungen. Sie ermöglichen den Diskurs über die Grundsätze eine Vorhabens, bevor nur noch über die ausgearbeitete Variante gestritten werden kann“, heißt es in der Begründung der Initiative.

Auch wenn Neumann „Feuer und Flamme“ für eine Hamburger Olympiakandidatur ist, sucht er nicht den Wettstreit mit Berlin: „Wir konzentrieren uns auf Hamburg, und erhält Berlin den Zuschlag, bin ich der Erste, der sich als Volunteer in der Hauptstadt meldet.“

Ein abschlägiger Bescheid des DOSB würde Hamburgs Sportpolitik, die in der Dekadenstrategie des Senats bis ins Jahr 2021 festgeschrieben ist, nicht grundsätzlich ändern, betont Neumann. „Olympische und Paralympische Spiele würden uns jedoch helfen, den Sport schneller auf Augenhöhe mit anderen Politikfeldern zu bringen.“