Hamburgs Olympiapläne sind chancenreich – aber nur, wenn die Regeln beachtet werden

Es mag nicht jedem gegeben sein, aus den Mühen der Ebene den klaren Blick für das große Ganze zu bewahren. Die Gegner des inzwischen abgedankten Präsidenten des Hamburger Sportbundes (HSB), Günter Ploß, scheuten sich dann auch nicht, ihre Unzufriedenheit mit dem ehemaligen Amtsinhaber bis zu Alfons Hörmann zu tragen, dem Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), diesen um tätige Mithilfe zu bitten, Ploß von einer erneuten Kandidatur beim HSB abzubringen.

Das war bei allen verständlichen inhaltlichen Differenzen mit Ploß nicht nur unprofessionell, es war geradezu töricht, den DOSB-Chef in lokale Händel hineinzuziehen. Dieses Vorgehen droht nun Hamburgs Olympiapläne für die Sommerspiele 2024 oder 2028 zu gefährden. Hörmann jedenfalls mahnte auf der Mitgliederversammlung des HSB die Rückkehr zu hanseatischen Tugenden und zur Geschlossenheit an. Offenbar hatte er beide Eigenschaften im organisierten Hamburger Sport zuletzt vermisst.

Eine Olympiabewerbung bleibt eine hochsensible Sache, gerade für eine Stadt wie Hamburg, die im Wettbewerb mit einer weltbekannten Metropole wie Berlin trotz eines international siegfähigen Konzeptes national nur als Außenseiter angesehen werden muss. Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Michael Neumann haben daher die Devise ausgegeben, den Ball flach zu halten, für Hamburg abseits der Schlagzeilen mit vielen Fakten und nicht mit großen Worten zu werben.

Für das Ballyhoo bleiben die Berliner zuständig, die, allen voran Bürgermeister Klaus Wowereit, in keiner Äußerung Zweifel daran lassen, dass allein sie würdig wären, im Herbst den Zuschlag vom DOSB zu erhalten. Hörmann bescheinigte Scholz und Neumann vielleicht auch deshalb, noch keinen Fehler gemacht zu haben. Im undiplomatischen Klartext heißt dies: Hamburg ist nicht ganz chancenlos.

Nun ist es nicht nur im Sport eine bekannte Weisheit, dass kluge Leute alte Fehler nicht wiederholen. Insofern sollte man sich beim neuen HSB-Präsidenten Jürgen Mantell darauf verlassen dürfen, dass er in den nächsten Wochen die überwältigende Zustimmung der Hamburger Vereine und Verbände für eine mögliche Olympiabewerbung in umsichtige Sportpolitik umsetzen wird; zumal der Vorstoß seiner Parteigänger bei Hörmann offenbar ohne sein Wissen geschah.

Ohnehin wird es schwer genug, die große Mehrheit der Hamburger von einer Olympiabewerbung zu überzeugen, wie es Mantell in seiner ersten Regierungserklärung als Ziel ausgegeben hat. Die Angst vor Gentrifizierung, zu hohen Kosten, steigenden Mieten und neuen Milliardenschulden ist nicht unbegründet, wenn man die Bilanzen vergangener Spiele liest.

Hamburg aber, glaubt der HSB in seiner Resolution „Ja zu Olympia!“, könne dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ein attraktives wie innovatives Angebot machen: Spiele der kurzen Wege, die die Nachnutzung von Sportstätten, die Nachhaltigkeit der Sportentwicklung vor Ort mit den weiter hehren Werten olympischer Ideen wie Völkerverständigung verbinden – und die die Stadtentwicklung langfristig fördern.

Hamburgs Olympiapläne passen zu den Ambitionen des IOC-Präsidenten Thomas Bach, die Spiele vom Gigantismus zu befreien, um sie für pluralistische Gesellschaften wieder kompatibel zu machen. Bach scheint dabei nicht vor grundlegenden Reformen zurückzuschrecken, die den Ausrichterstädten finanziell und konzeptionell größeren Gestaltungsraum lassen. Grunderneuerte Spiele würden sich wohl selbst Skeptikern verkaufen lassen. Insofern täte Hamburg gut daran, weitere Stockfehler zu vermeiden. Olympia besteht für eine Stadt und seine Menschen nicht nur aus Herausforderungen, die Spiele bieten auch die Chance, eine Region zukunftsfähig zu machen.