Solides Regieren: SPD-Senat bleibt mit dem Haushalt 2015/2016 auf Kurs, nicht mehr und nicht weniger

Als Olaf Scholz und seine SPD sich Anfang 2011 anschickten, die Regierung in Hamburg zu übernehmen, ging die internationale Finanzkrise gerade nahtlos in die Schuldenkrise in Südeuropa über. Die Sorge ums Geld war allgegenwärtig. „Solide Finanzen“ war daher der erste und über allem thronende Punkt im Regierungsprogramm des neuen Senats. Mit der Konzentration auf das „Notwendige und Machbare“, einer strikten Begrenzung des Ausgabenanstiegs auf ein Prozent pro Jahr und einer auf 2019 ausgerichteten Finanzplanung sollten Einnahmen und Ausgaben der hoffnungslos verschuldeten Stadt langfristig wieder in Einklang gebracht werden. „Hamburg“, so das hehre Ziel, „soll zum Vorbild für finanzpolitische Solidität“ werden.

Dreieinhalb Jahre später darf man dem Senat anlässlich des nun vorgelegten Haushalts 2015/2016 attestieren, dass er seinen Ansprüchen in Sachen Solidität im Großen und Ganzen gerecht wird, ohne dabei unbedingt zum Vorbild zu taugen. Andere Länder mit wesentlich schlechteren Voraussetzungen wie Berlin oder Schleswig-Holstein sind schon weiter – wenn auch mithilfe enormer Zuweisungen des Bundes und aus dem Länderfinanzausgleich.

Positiv oder eben „solide“ schlägt beim Scholz-Senat zu Buche, dass er die finanzpolitische Großwetterlage mit hohen Steuereinnahmen und niedrigen Zinsen nicht ausnutzt, um die Ausgaben zu steigern, sondern sich an die selbst gesetzte Obergrenze hält. Stattdessen wurde die Neuverschuldung, die 2010 noch knapp unter einer Milliarde Euro lag, kontinuierlich gesenkt und wird hoffentlich spätestens 2017 Geschichte sein. Zu tun, darauf hat Scholz jetzt zu Recht hingewiesen, ist dann immer noch genug. Anzuerkennen ist auch, dass der Senat nicht hektisch den schwankenden Einnahmen hinterherplant, sondern unaufgeregt seinen Weg geht und für seine Etats sogar optimistische Steuerschätzungen nach unten korrigiert.

Ein Makel, darauf weist die Opposition in der Bürgerschaf zu Recht hin, ist allerdings, dass der Senat seine Ausgabenlinie schon 2011 trickreich um 400 Millionen Euro nach oben verschoben und sich so für die folgenden Jahre neuen Spielraum verschafft hat – das relativiert die Selbstbeschränkung und macht es ihm leichter, seine Wahlversprechen zu finanzieren.

Stichwort Opposition: Dass der eine Teil den Senat zu einem härteren Sparkurs auffordert und der andere die kaltherzige Kürzungspolitik brandmarkt, dass mitunter zwei Redner ein und derselben Partei erst ein Ende der Verschuldung und dann mehr Ausgaben fordern, das alles ist ein Indiz dafür, dass der Senat grundsätzlich auf einem vernünftigen Mittelweg ist.

Bleibt die durchaus berechtigte Frage, wo in diesem Haushalt, der ja grundsätzlich mehr sein sollte als eine Ansammlung von Zahlen, die Vision steckt. Olaf Scholz hat darauf die bemerkenswerte Antwort gegeben, dazu habe er doch 2011 in seiner Regierungserklärung alles gesagt. In der Tat gilt heute wie damals: Der Schwerpunkt der Sozialdemokraten liegt klar im Bereich Bildung mit enorm gesteigerten Ausgaben für kostenlose Kita- und Studienplätze, für kleinere Klassen und Ganztagsbetreuung. Das gilt es zu würdigen, aber mehr „Vision“ ist da auch nicht und soll auch gar nicht sein. Weitere größere Anstrengungen wie der angekurbelte Wohnungsbau, die Sanierung der kaputten Straßen oder die Neubauten für Schulen und Universität fallen eher in die Kategorie „ordentlich regieren“.

Das mag man als wenig ambitioniert kritisieren, es ist aber eine nachvollziehbare Lehre aus den „Visionen“ der Vergangenheit – Stichwort Elbphilharmonie. Und den Haushalt nachhaltig zu sanieren, bleibt auch bei guten Rahmenbedingungen eine Herausforderung. Wenn Scholz das schafft, hat er immerhin mehr erreicht als alle Bürgermeister vor ihm.