Die jüngsten Kandidaten von SPD, CDU und Grünen erzählen, wofür sie sich nach der Wahl engagieren wollen

Hamburg. Sie hat diesen Traum schon, seit sie zwölf zwar: Politik machen, etwas verändern in der Stadt. Jetzt steht sie kurz vor ihrem ersten richtigen Mandat. Ob Stefanie Blaschka künftig in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte mitmischen darf, entscheidet sich aber erst am Sonntag. Die 18-Jährige Schülerin aus Billstedt ist die jüngste Kandidatin der CDU bei der Bezirkswahl am 25. Mai.

„In Mitte können wir vermutlich keine super Quote erwarten“, sagt Blaschka und spielt auf die vergangene Bezirkswahl an, bei der die Christdemokraten mit 17,6 Prozent dort das miserabelste Ergebnis in ganz Hamburg erzielten. Dennoch schätzt Blaschka ihre Chancen „gar nicht so schlecht“ ein. „Weil ich einen guten Listenplatz bekommen habe“, sagt sie. Rang acht. Außerdem habe sie im Wahlkampf alles gegeben. Das klingt schon fast wie bei erfahrenen Politikern.

Ganz unerfahren ist die Gymnasiastin nicht. Angefangen hat alles mit dem damaligen CDU-Bürgermeister Ole von Beust. „Den fand ich mit zwölf total cool“, sagt sie. Blaschka erinnert sich genau an den Tag, als sie ihm im Rathaus die Hand schütteln durfte. Das war während eines Girls’ Days. Herzklopfen habe sie gehabt. „Für mich war er ein Idol wie für andere irgendein Filmstar aus Hollywood.“ Und während andere Teenies es bedauerten, noch nicht in die Disco zu dürfen, fand Stefanie Blaschka es blöd, noch nicht Mitglied der CDU-Jugendorganisation werden zu können.

„Zu meinem 14. Geburtstag hat mir meine Mutter die Beitrittserklärung der Jungen Union ausgedruckt.“ Dabei seien ihre Eltern eher links orientiert. Seitdem hat sie keinen Stammtisch des christdemokratischen Nachwuchses verpasst. Die Arbeit für die Partei, in der sie auch ihren Freund kennengelernt hat, ist für sie Passion. So nennt sie das wirklich. Später als Bürgerschaftsabgeordnete tätig zu sein kann sie sich gut vorstellen. „Weil es eine Arbeit ist, mit der man viel bewegen kann.“ Andere sind dreimal die Woche auf dem Fußballplatz. Blaschka engagiert sich in ihrer Freizeit eben politisch. „Blut geleckt habe ich, als ich 2011 im Wahlkampfteam von Christoph Ahlhaus war. Das war letztlich nicht so erfolgreich, aber es hat Spaß gemacht, und es war eine gute Erfahrung, so dicht an den Kandidaten dran zu sein“, schwärmt sie.

Jetzt hat sie das erste Mal für sich Wahlkampf gemacht, Flyer verteilt, mit jungen Leuten diskutiert, Infostände auf- und wieder abgebaut. Die übliche Ochsentour. Ihre Begründung: „Wenn 16- und 17-Jährige wählen dürfen, ist es auch wichtig, dass junge Vertreter ihre Interessen in den Gremien vertreten.“ Wenn sie den Sprung in die Bezirksversammlung schafft, möchte sich die Abiturientin, die Jura studieren will, für die Aufwertung von Stadtteilen wie Billstedt einsetzen. „Diese Stadtteile sind durchaus attraktiv, etwa durch die relativ niedrigen Mietpreise“, sagt sie. Was aber fehle, seien zum Beispiel StadtRad-Standorte, Cafés und Kneipen.

Etwas zu bewegen, vor allem in Billstedt, und sich für die Interessen der Jugendlichen einzusetzen: Das ist auch für Julia Barth Grund genug, bei der Bezirkswahl anzutreten. Auch die 18-Jährige zählt zu den jüngsten der 1808 Kandidaten, die am Sonntag auf Stimmen hoffen. Die blonde Schülerin tritt für die SPD im Bezirk Mitte an. Mit Politik setzt sie sich seit der Schulreform in Hamburg auseinander. „Die Schulpolitik und das Planspiel ‚Jugend im Parlament‘ im Rathaus haben mich 2011 dazu bewogen, bei den Jusos einzutreten.“ Die Junge Union habe sie sich auch angeschaut. Aber bei der SPD-Jugendorganisation habe sie mehr Gemeinschaftsgefühl gespürt. Und das Programm habe sie auch überzeugt.

Bis dahin hatte Barth, die das katholische Gymnasium Sankt-Ansgar-Schule besucht, mit Politik nichts am Hut. Sie räumt ein: „Ich wusste weder, wer Bürgermeister in Hamburg ist, noch die Namen irgendwelcher Senatoren oder Bürgerschaftsabgeordneter.“ Doch nicht nur das hat sich geändert. Barth ist inzwischen Vorsitzende der Juso-Gruppe in Billstedt, in diversen Ausschüssen aktiv und hat klare Ziele. Das Jura-Studium ist eines davon. Den Sprung in die Bezirksversammlung Mitte und Mitglied des Jugendhilfeausschusses werden ein anderes. Und auch die Hamburgische Bürgerschaft reizt sie. Wie ein Mantra wiederholt sie, dass sie etwas bewegen möchte. In Billstedt. In Mitte. In Hamburg. Und dafür stecke sie ihr Herzblut in ihr politisches Engagement.

Julia Barth ist optimistisch, dass am Sonntag viele für sie stimmen werden. „Die Bürger wählen die Kandidaten, die sie kennen – und mich kennen einige“, sagt sie, ohne überheblich zu klingen. Vielmehr wirkt sie wie jemand, der für etwas brennt und dessen Zuversicht unerschütterlich ist. Ihr Alter sei sogar ein Vorteil. „Die 18-jährigen Kandidaten fallen sicher mehr auf als die Jahrgänge aus den 60ern.“ Gerade die jugendlichen Erstwähler gäben ihre Stimme lieber Leuten, die nah an ihrer eigenen Lebenswirklichkeit sind. Barths Programm für den Wahlsonntag: Therapeutisches Reiten mit behinderten Kindern, danach Wählen mit Mama, später Fahrdienst für Senioren und anschließend zur SPD-Party im Kurt-Schumacher-Haus.

Zurückhaltender äußert sich der 18-jährige Lucas Wissmeyer aus Stellingen, der auf der Grünen-Bezirksliste Eimsbüttel kandidiert. „Auf Platz 18. Da muss man realistisch sein“, sagt der junge Mann, der sein Abitur bereits absolviert hat und gerade ein Praktikum bei der Grünen-Bürgerschaftsfraktion macht. „Aber es gibt ja immer wieder Überraschungen.“ Falls er nicht gewählt wird, will er es auf jeden Fall gelassen sehen. „Es gibt ja auch andere Möglichkeiten, politisch aktiv zu sein.“

Wissmeyer ist noch relativ frisch im Politik-Geschäft. Zwar sei Politik in seiner Familie schon immer ein großes Thema und viel diskutiert worden. Bei der Grünen Jugend sei er aber erst nach der Bundestagswahl 2013 eingetreten. „Ausschlaggebend war das Ergebnis der Partei“, sagt er. Das ist ja nicht so gut gewesen. Und das will er ändern. „Solange ich denken kann, finde ich die Grünen am sympathischsten.“ Vor allem für die alternative Wirtschaft hätte die Partei tolle Konzepte.

Es sei „unglaublich wichtig“, mitzumachen und sich nicht verwalten zu lassen. Das ist der Ansporn des jungen Mannes. Gerade auf Bezirksebene könne man viele wichtige Dinge auch für jüngere Generationen verändern. Das Haus der Jugend am Sportplatzring sei so ein Beispiel. Wissmeyer will für den Erhalt kämpfen.

An die viel beklagte Politikverdrossenheit der Jugendlichen glaubt er nicht. „Tendenziell gehen eher die jungen Leute als die Älteren wählen“, sagt Wissmeyer. Deswegen sei es auch wichtig, dass es junge Kandidaten gibt. Präsenz zu zeigen, Schülern Identifikationsmöglichkeiten zu geben – darauf komme es an. „Politiker sind heute doch meistens Männer mit weißen Haaren, die sich kaum unterscheiden.“ Frauen oder Minderheitenvertreter seien dagegen rar. Und natürlich die jungen Leute wie Wissmeyer. Die Eimsbüttler Bezirksversammlung würde ihm für den Anfang reichen. Denn vor der Bürgerschaft hat der 18-Jährige großen Respekt: „Das ist ein Knochenjob.“