Für das neue Musical „Das Wunder von Bern“ wurden die Kinderdarsteller gecastet. Am 23. November feiert das Stück im neuen „Theater an der Elbe“ Weltpremiere.

HafenCity. Es hat etwas von einem Klassentreffen hier oben im Kantinenbereich der Stage Entertainment in der Speicherstadt. Nur noch wenige Minuten, dann müssen Leif, Stepan und die anderen hinunter zum Kindercasting. Stepan und Leif sind Freunde. Und Mark, Julius, Bennett und Riccardo kennen sich auch aus ihren gemeinsamen Tagen im Musical „Tarzan“. Dort spielten die Jungs bereits als „kleiner Tarzan“ mit. An diesem Abend werden aus Freunden Konkurrenten. Denn sie teilen alle einen Traum: Sie wollen auf der Bühne stehen und die Kinderhauptrolle im Musical „Das Wunder von Bern“. Am 23. November feiert das Stück im neuen „Theater an der Elbe“ Weltpremiere. Am Donnerstag war Kindercasting.

Für Svea Lunburg und ihren Sohn Leif aus Bad Bramstedt ist solch ein Casting nichts Besonderes mehr. Mutter und Sohn machen das regelmäßig. Aufgeregt seien sie schon lange nicht mehr. Sagen sie jedenfalls. „Das ist nicht anders als bei Fußballmuttis, die ihre Söhne zu Spielen begleiten müssen“, sagt Mutter Svea. Die Leidenschaft ihres Sohnes fürs Singen und Schauspielen stelle allerdings doch manchmal das Familienleben auf den Kopf. Leif und die übrigen zwölf Jungen im Alter zwischen zehn und 13 Jahren kommen aus Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Sie wollen Matthias Lubanski darstellen. Der ist in dem neuen Musical, das im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit spielt, ein zwölfjähriger Junge und das Nesthäkchen der Familie; etwas schüchtern und zurückhaltend ist er. Seinen Vater, der sich in Kriegsgefangenschaft befindet, hat der Junge nie kennengelernt.

„Mattes“ Hobby ist das Fußballspielen, und gleich nach der Schule geht er auf den Bolzplatz. Er schwärmt für Nationalspieler Helmut Rahn und wünscht sich nichts sehnlicher, als sein Idol zur Fußball-WM in die Schweiz zu begleiten.

Die Jungen, die nun in dem großen Raum mit dem Holzfußboden und dem Flügel ungeduldig auf ihren Stühlen sitzen, warten darauf, aufgerufen zu werden, um zu zeigen, was sie können.

Einige sind noch klein genug, um auf dem Stuhl mit ihren Beinen in der Luft zu baumeln. Alle sind sie schon richtig gute Schauspieler und Sänger. Denn sie wurden bereits vorab in kleinen Gruppen auf ihre Begabungen hin geprüft. Leif ist als Siebter an der Reihe. Er muss eine kurze Szene vortragen, die er zu Hause vorab geübt hat. Die Jury, es sind sieben Musicalexperten, scheinen ganz zufrieden zu sein. Leif soll nur etwas klarer in der Stimme sein. Der Zwölfjährige spielte nicht nur bereits bei „Tarzan“, gerade war er auch bei „The Voice Kids“ im Fernsehen zu sehen. „Singen, Tanzen und Schauspiel liegen mir im Blut“, hatte er kurz vor seinem Casting gesagt. Sein Kumpel Stepan, 14 Jahre, ist danach an der Reihe und singt das Lied „Lieber Gott“ aus dem neuen Musical. Derjenige, der die Hauptrolle bekommt, wird später in fast allen Szenen zu sehen sein und acht Lieder singen, darunter auch den Abschlusssong.

Voraussetzungen für die Bühnenrollen sind neben Talent und Engagement vor allem die Lust am Singen und Schauspielen. „Wir suchen aufgeweckte und neugierige Kinder, die unbändige Freude daran haben“, sagt Ralf Schaedler, Casting Direktor von Stage Entertainment Deutschland. Der zukünftige Hauptdarsteller muss später vor mehr als 1800 Zuschauern in einem ganz neuen Theater spielen. „Das erfordert eine Menge Willenskraft und Selbstbewusstsein“, sagt Schaedler.

Neben „Mattes“ gibt es in dem Stück noch dessen Freunde Mischa, Peter und Lutz und Carola. Die fünf Kinderrollen werden in mehreren Castings ausgewählt und sind jeweils achtfach besetzt. 40 Kinder werden dann von November an abwechselnd auf der Bühne stehen. Diese werden in das Ausbildungsprogramm der Stage Entertainment aufgenommen. Dort werden sie spielerisch auf die Arbeit vorbereitet. „Arbeiten“ dürfen die Kinderdarsteller laut Gesetz nicht mehr als 30 Stunden pro Schuljahr und vier Stunden am Tag. Nach 22 Uhr dürfen sie nicht mehr auf der Bühne stehen, und eine der beiden Vorstellungen in der Woche muss vor einem schulfreien Tag sein. Es gibt Sonderregelungen, die beantragt werden können. „Das Amt für Arbeitsschutz ist sehr musicalaffin in Hamburg. In Stuttgart haben wir es schwerer“, sagt Theaterleiterin Claudia Vollmers.

Bislang hat es für Leif und Stepan in der Schule keine Probleme gegeben. Ob sie die Hauptrolle bekommen, erfahren die Kinderdarsteller in den kommenden Tagen.