Jury des städtebaulichen Wettbewerbs empfiehlt Abriss der Bezirksverwaltung und der Grundschule St. Nikolai, um so Platz zu schaffen

Eppendorf. Wenn Harald Rösler (SPD) über seinen Arbeitsplatz spricht, kommt der Leiter des Bezirks Hamburg-Nord fast immer auf ein Detail zu sprechen. Der Bau an einem der markantesten Plätze Eppendorf ist das einzige Bezirksamt in Hamburg, das eigens für diese Funktion gebaut wurde. Das ist 60 Jahre her. Jetzt könnte die Geschichte sich wiederholen. Denn, auch das erzählt Rösler gern, das Gebäude an der Kümmellstraße entspricht nicht mehr den Anforderungen einer modernen Verwaltung. Am gestrigen Mittwoch wurden erstmals Pläne für ein neues kompakteres Bezirksamt präsentiert. Im städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Areal zwischen Lenhartzstraße, Kümmellstraße und Robert-Koch-Straße, den die Stadt gemeinsam mit einem Investorenduo ausgelobt hatte, hat das Preisgericht zwei Siegerentwürfe ausgewählt. Dabei geht es auch um die Zukunft der Grundschule St. Nikolai, die stark sanierungsbedürftig ist und erweitert werden soll, sowie die Schaffung von Wohnungen.

Favorit ist der Vorschlag der Architekten Schenk + Waiblinger aus Hamburg, der eine komplette Neuordnung der 25.000 Quadratmeter großen Fläche vorsieht. Die bestehenden denkmalgeschützten Gebäude sollen dafür abgerissen werden. Das Bezirksamt würde in einem zwölfgeschossigen Komplex an der Lenhartzstraße Ecke Kümmellstraße neu entstehen. Daran schließt sich die Schule in einem u-förmigen Gebäude an – mit der Sporthalle zur stark befahrenen Lenhartzstraße, den Unterrichtsräumen zur ruhigeren Robert-Koch-Straße und, ganz wichtig, mit den alten Kastanienbäumen auf dem Schulhof. So wird Platz geschaffen für 300 neue Wohnungen in drei Blocks.

„Der Entwurf überzeugt, weil ein geschlossenes Stadtbild entsteht und die vorhandenen Flächen effizient genutzt werden“, sagte Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter. Er kritisierte allerdings die ersten Planungen für das Bezirksamtsgebäude. Zwar sei es richtig, an der Stelle einen neuen „Hochpunkt“ zu setzen. Die konkrete Umsetzung müsse aber in einem neuerlichen Wettbewerb entschieden werden. Auch Nikolaus Ditting, Geschäftsführer des Bauunternehmens Richard Ditting, das inzwischen als Haupteigentümerin in die von der German Real Estate AG gegründeten Projektfirma eingestiegen ist, favorisiert die Planungen: „Er hat städtebaulich den größten Nutzen.“

Insgesamt 13 Architektenbüros hatten sich an dem Wettbewerb beteiligt und jeweils eine Variante für eine komplette Neuplanung auf dem Areal eingereicht ohne Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse und eine weitere für die Planung in den vorhandenen Grundstücksgrenzen. Bei der zweiten Variante hat sich das Büro von rohdecan Architekten aus Dresden durchgesetzt, dessen Vorschlag nur 200 Wohnungen vorsieht.

An der Auswahl der Entwürfe waren sowohl Vertreter aus der Politik, der Stadt, der Bezirksverwaltung, der Schule und auch Anwohner beteiligt. In den nächsten Wochen sollen die Lösungen im Stadtteil diskutiert werden. Zudem müsse die wirtschaftliche Machbarkeit geprüft und eine denkmalpflegerische Bewertung durchgeführt werden, sagte Oberbaudirektor Walter. Die Entscheidung liegt bei der Senatskommission für Stadtentwicklung. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob der Flächengewinn für den Wohnungsbau eine Aufhebung des Denkmalschutzes von Schule aufwiegt.

In Eppendorf gibt es reichlich Gegenwind gegen die Pläne. „Unter dem Strich bedeutet es in beiden Fällen, dass die Schüler weniger Freiflächen haben“, sagte Kay Vogel. Der Anwohner hatte gemeinsam mit einem Vertreter des Schulelternrats eine Stimme – die einzige gegen das Vorhaben. Ein weiterer Punkt: Eine Realisierung des 150-Millionen-Euro-Projekts ist nach Einschätzung des Investors erst ab 2017 möglich. Die beliebte Grundschule platzt aber schon jetzt aus allen Nähten und ist dringend sanierungsbedürftig. Bereits bevor die Überlegungen für eine neue komplette Umgestaltung des Areals aufkamen, hatte Schulbau Hamburg einen Erweiterungsbau geplant und dafür neun Millionen Euro bereitgestellt. „Aus unserer Sicht die beste Lösung“, sagt Carl Schwarz vom Elternrat, auch weil sie sofort umgesetzt werden könnte. Bereits im Sommer müssen die ersten beiden Klassen in Container ziehen.

Auch andere sehen das Projekt kritisch. „Aus unserer Sicht wird der Denkmalschutz zu wenig berücksichtigt“, sagte die Geschäftsführerin der Geschichtswerkstatt Eppendorf, Maria Köser. Am 24. und 25. Mai wird in der Kunstklinik (Martinistraße 44) eine neue Broschüre zur Geschichte der beiden Gebäude vorgestellt. Bezirksamtsleiter Rösler sieht die Proteste gelassen. Die Bürger, glaubt er, hätten sich zwar an ihr Bezirksamt gewöhnt, „aber es ist nicht so in den Herzen verwachsen“.

Vom 5. Juni an werden alle Entwürfe im Bezirksamt, Robert-Koch-Straße 17, für zwei Wochen öffentlich ausgestellt.