Kapitän Jochim Westphalen ist lange zur See gefahren. Nun sind seine Boote eine Nummer kleiner

Blankenese. Sein erstes Schiff bekam er geschenkt, als er neun Jahre alt war: die „Köln“, eine Fregatte der Deutschen Marine vom Typ F122. Sie war fingergroß, aus Blei, sein erstes Modell. „Mein Vater hat mir drei Zigaretten gegeben, und dafür hab ich sie um die Ecke beim Spielzeuggeschäft gekauft“, sagt Jochim Westphalen. Der 77-jährige Kapitän a. D., zu Hause im Treppenviertel, ist Blankeneser „Urgestein“. Inzwischen umfasst seine Sammlung Hunderte Schiffsmodelle.

Er öffnet die Türen seiner Vitrine, darin ein kleines Museum: Die „Cap San Diego“, die „Passat“, Feuerschiff „Elbe1“, „Queen Mary“... Er weiß zu jedem Schiff eine Geschichte. Zum Beispiel die, als er mit einem Bananendampfer am Äquator war. Oder mit dem ersten Rickmers-Schiff nach dem Krieg in Shanghai, er transportierte damals 13.000 Tonnen Düngemittel zurück nach Hamburg. „Ich habe die ganze Welt gesehen, aber immer Heimweh nach Hamburg und Blankenese gehabt“, sagt er und lächelt. Warum die große Liebe zu Schiffen? „Na ja, wer in Blankenese aufwächst ...“, antwortet er. Und: „Der Strand war mein Kindergarten, ich liebe die Elbe eben.“ Kein Wunder. Sein Urgroßvater war Schiffseigner und Kapitän. Der Großvater fuhr auf großen Passagierdampfern um die Welt.

Die Familiengeschichte im einstigen Fischerdorf reicht 500 Jahre zurück

Sein Vater war Berufstaucher, und auch Jochim Westphalen fand seinen Arbeitsplatz auf See. Mit 15 heuerte er als Schiffsjunge an, mit 20 besuchte er die Steuermannschule, später folgte das Kapitänspatent. 30 Jahre schipperte er um die Welt, davon 19 Jahre als Kapitän.

Heute schaut er sich die großen Schiffe nur noch an. In seiner Vitrine oder auf der Elbe. Er blickt durchs große Fenster, direkt auf die Sietas-Werft am anderen Elbufer. „Ich kenne alle Schiffe.“ Die Familie seiner Mutter ist seit mehr als 500 Jahren in Blankenese ansässig, auch die seiner Frau Greta stammt aus dem Geschlecht der Breckwoldts. Beide kennen sich seit der Kindheit, als Nachbarn im Treppenviertel. „Nach einem Tanz in den Mai in Sagebiels Fährhaus haben wir uns das erste Mal geküsst.“ Daraus wurde mehr. 52 Jahre ist das Paar verheiratet, es hat sechs Enkel von drei Töchtern. Sein Zuhause, ein typisches Blankeneser Fischerhaus: Buddelschiffe, Schiffe an der Wand als Bilder. Und: Reste von dem, was von Schiffen über Bord ging, Strandgut. Anker, Tampen. Solche Memorabilien lagern auf dem Grundstück.

Oft geht Westphalen zum Bootshaus des Blankeneser Segel-Clubs (BSC). Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist er Mitglied. Und dann hat er noch „Struwbutt“, sein schmuckes Holzboot. Dort kann er träumen. Wie in alten Seemannszeiten.