Wer hat bloß die Ostereier erfunden? Oder gar den Osterhasen? Der Kult um Ei und Hase führt manchmal sogar zu interreligiösen Missverständnissen. „Was um alles in der Welt feiert ihr Christen da eigentlich – ein Eierfest?“, fragte mich jüngst ein Muslim. Zwar ist das in drei Sätzen schnell richtig gestellt: Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu. Als Maria zum Grab kommt, um den Gekreuzigten zu beweinen, findet sie es leer. Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

Aber kein Wort vom Ei. Und doch ist das Ei das Ostersymbol geworden. Denn die christliche Tradition stand vor der Frage: Wie zeigen wir das Wunder, das man nicht sehen und kaum beschreiben kann? Wie zeigt man die Auferstehung, das Leben, die Veränderung? Ostern ist schwer zu beschreiben. Für Weihnachten steht die Krippe. Für Karfreitag das Kreuz. Aber Ostern? So kam man auf das Ei.

Eigentlich ganz einleuchtend: Ein Ei wirkt hart, glatt, ist still wie ein Stein. Doch dann plötzlich regt sich etwas. Die Schale springt auf. Ein Küken schlüpft aus. Die zerbrochene Eierschale steht für das leere Grab. Dunkelheit, Enge und Tod sind vorbei. Stattdessen zeigt sich das neue Leben.

Martin Luther hat einmal gesagt: „Zu Christus kommen, das ist, wie wenn man aus dem dunklen Haus in die Sonne springt.“ Ostern ist der Sprung ins Licht. Ist die Antwort auf die Frage nach dem Tod, der in der Welt wütet. Und der so unsagbar grausam sein kann. In dieser Zeitung lesen wir täglich davon. Mitten im Leben sterben wir immer wieder einen Tod – den großen und die vielen kleinen. Wenn unsere Kräfte und Möglichkeiten schwinden, etwa durch Krankheit oder Alter. Wenn wir uns trennen müssen, gar die Liebe des Lebens verlieren.

Wir alle wissen davon. Und, so Gott will, wir kennen auch das andere. Dieses wieder Aufstehenwollen. Den Aufbruch. Dieses untrügliche Gefühl, dass das Todesgefängnis auf einmal entzweibricht wie eine Eierschale. Und diese federleichte Erkenntnis, dass man neu anfangen kann. Wie ein frisch geschlüpfter Vogel, anfangs noch unsicher, vom Licht geblendet, aber bereit, wieder ins Leben hineinzufinden. So also, wenn Sie Ostern ein Ei essen: Gesegneten Appetit! Denn in diesem Symbol steckt eine ganze Predigt. Das Grab springt auf, Christus lebt, wir sind frei, uns des Lebens mit allen Genüssen zu freuen. Von Herzen wünsche ich Ihnen ein frohes Osterfest!

bischofskanzlei@bkhh.nordkirche.de