Großeinsatz an Niendorfer Gymnasium. Rätsel um Vergiftungssymptome bei Kindern

Hamburg. Es sollte eine fröhliche Abi-Feier werden, doch sie endete in einem Desaster: Weinende, blasse Kinder, zum Teil gestützt von Rettungsassistenten, verließen am Donnerstagmittag das Gelände des Gymnasiums Bondenwald in Hamburg-Niendorf. Einigen Schülern ging es offenbar so schlecht, dass sie auf Liegen abtransportiert werden mussten. Mehr als 30 Feuerwehr-, Polizei- und Rettungswagen verstopften die beschauliche Wohnstraße.

45 Schüler der unteren Jahrgänge (5., 6. und 7. Klasse) wiesen Vergiftungserscheinungen wie nach einem Alkoholmissbrauch auf. 32 von ihnen wurden in mehrere Hamburger Krankenhäuser gebracht. 13 betroffene Kinder kamen in die Obhut ihrer Eltern.

Nach Erkenntnissen der Feuerwehr hat möglicherweise ein missglückter Schülerstreich den Großeinsatz ausgelöst. Angeblich, so die Feuerwehr, haben ältere Schüler den jüngeren alkoholische Mischgetränke, unter anderem Wodka mit Cola, zu trinken gegeben. Laut Information der Schulleiterin wurde „eine Flasche Alkohol auf dem angrenzenden Sportplatz entdeckt“. Dort hielten sich Abiturienten auf.

Nach ersten Untersuchungen im Universitätsklinikum Eppendorf und der Asklepios Klinik Heidberg konnte jedoch bei den dort behandelten Kindern kein Alkohol im Blut und im Urin festgestellt werden. Auch ein Drogenmissbrauch oder verdorbenes Essen wurden vorläufig ausgeschlossen. Aus den anderen Krankenhäusern lagen die Untersuchungsergebnisse am späten Abend noch nicht vor.

Die Oberstufenschüler hatten sich, wie seit Jahren üblich, für den „Tag des Abi-Streichs“ verkleidet – eine Feier, die an dem Gymnasium mit 900 Schülern stets ohne Probleme verlaufen war. Diesmal geriet sie außer Kontrolle.

Gegen 11 Uhr klagten mehrere Schüler der Klassen fünf und sechs bei ihren Lehrern über Bauchschmerzen, Erbrechen, Kopfweh und Übelkeit. Als immer mehr Kinder Beschwerden äußerten, rückte die Feuerwehr mit einem Großaufgebot aus, in der Spitze waren 50 Feuerwehrleute und weitere Rettungsassistenten im Einsatz.

An der Schule wurden die Kinder zunächst im Großraumrettungswagen behandelt. Die Retter vermuteten nach erstem Augenschein, dass es sich um „die klassischen Symptome von Alkoholmissbrauch handelt“, sagte Feuerwehrsprecher Martin Schneider. Die Kinder, zwischen zehn und 14 Jahren alt, wirkten zum Teil „schwer betrunken“. Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte sich über die Vorgänge an der Schule „zutiefst besorgt“. Er ließ sich laut Schulbehörde fortlaufend auf den neuesten Stand bringen.

Die Abiturienten sollen vor der Feier kistenweise Cola, Fanta und Sprite aufs Schulgelände gebracht haben. Offenbar, so die Feuerwehr, war der Limonade Schnaps, vermutlich Wodka, beigemischt worden – so sollte möglicherweise das durch die Schulleitung ausgesprochene Alkoholverbot unterlaufen werden. Ein vorläufiges toxikologisches Gutachten lieferte nach Feuerwehrangaben Hinweise auf harten Alkohol in der Limonade. Die Kripo ermittelt.

Aus dem Umfeld der Schule hieß es, dass ältere Schüler den jüngeren am Morgen die Getränke in Bechern verabreichten. Offenbar waren die Mix-Drinks für die Kinder nur genießbar, weil das süße Limonaden-Aroma den Alkoholgeschmack überlagerte. „Wenn das ein Dummer-Jungen-Streich gewesen sein soll, dann ist er gehörig nach hinten losgegangen“, sagte Feuerwehrsprecher Schneider. Zunächst befürchteten die Retter sogar, dass die Limonade zusätzlich mit verbotenen Substanzen, etwa K.-o.-Tropfen, versetzt worden sein könnte. Grund: Bei einem Schüler seien deutlich erweiterte Pupillen festgestellt worden. Dieser Verdacht bestätigte sich aber nicht.

Wie dramatisch der Zustand der Kinder wirklich gewesen ist, ist unklar. Angesichts der rätselhaften Ursache für die Beschwerden schlossen Ärzte am Abend auch eine Massenhysterie unter den Schülern nicht aus.