Ausschuss zur Elbphilharmonie legt nach drei Jahren Abschlussbericht vor. Die Untersuchung kostete 3,8 Millionen Euro

Hafencity. Er sollte Licht bringen in Hamburgs dunkelstes Kapitel der Baugeschichte: Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) Elbphilharmonie hat mit der 51. Sitzung nach drei Jahren seine Aufklärungsarbeit beendet und den 726 Seiten starken Abschlussbericht mit Mehrheit verabschiedet. Die Kosten des PUA belaufen sich auf rund 3,8 Millionen Euro.

Die Aufgabe bestand darin, die „Kostenentwicklung und Verantwortlichkeiten“ beim Jahrhundertprojekt zu klären. Warum kostet die Elbphilharmonie den Steuerzahler 789 Millionen statt wie anfangs laut Machbarkeitsstudie verkündet nur 77 Millionen Euro? Und warum wird das Konzerthaus samt Hotel plus Plaza, Parkhaus und 45 Wohnungen erst 2017 fertig statt, wie anfangs geplant, im Frühjahr 2010?

Nach der Vernehmung von rund 40 Zeugen konzentriert sich der Bericht auf die „Verantwortlichkeit von acht Personen/Institutionen“: Neben dem ehemaligen Bürgermeister Ole von Beust (CDU), seinem Staatsrat Volkmar Schön (CDU) und der früheren Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) sind das der ehemalige Projektkoordinator der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe) Hartmut Wegener, sein Nachfolger Heribert Leutner, die beratende Rechtsanwältin Ute Jasper sowie die Architekten von Herzog & de Meuron und der Baukonzern Hochtief.

Nachdem bereits im Januar ein erster Entwurf des PUA-Berichts fertiggestellt wurde, hatten die betreffenden Personen die Möglichkeit zur Stellungnahme – wovon sie unterschiedlich Gebrauch machten. Bereits in seiner Befragung als Zeuge vor dem Ausschuss hatte Ole von Beust die „politische Verantwortung“ für das Bauprojekt Elbphilharmonie übernommen.

Jetzt beließ es der CDU-Politiker bei einem kurzen Statement: „In Kenntnis des Umstandes, dass es sich bei dem PUA um kein juristisches Gremium handelt und daher die Feststellungen und Wertungen politischer und nicht rechtlicher Art sind“, schrieb Ole von Beust, „verzichte ich auf eine Stellungnahme.“ Und er fügt hinzu: „Das heißt selbstverständlich nicht, dass ich mir die Feststellungen und Wertungen zu eigen mache. Im Gegenteil: Viele Dinge werden von mir im Gesamtzusammenhang anders eingeordnet.“

Die Staatsanwaltschaft prüft jetzt, ob es strafrechtliche Ermittlungen gibt

Auch sein damaliger Staatsrat Volkmar Schön teilt „in einer Reihe von Fragen die Darstellungen und Bewertungen nicht“, schreibt aber: „Aus heutiger Sicht und Perspektive hätte man die ein oder andere Entscheidung sicherlich auch anders getroffen.“

Andere haben wesentlich mehr Einwände gegen den Berichtsentwurf. Ex-Senatorin Karin von Welck hat sechs Ergänzungen eingereicht, Heribert Leutner rund 40 Einwände und Hartmut Wegener hat auf 15 Seiten seine „Stellungnahme zum Berichtsentwurf“ an den PUA übersandt.

Wegener wehrt sich dagegen, dass der Ausschuss ihn von Anfang an als Hauptschuldigen und als geeigneten Sündenbock identifiziert habe. „Damit konnten politisch alle leben.“ Entsprechend, so Wegener, hätte sich die Mehrheit der befragten Zeugen vor dem PUA verhalten: „Die Politiker wussten angeblich von nichts oder fühlten sich nicht ausreichend informiert, die Behördenvertreter waren für nichts verantwortlich. Auch die Architekten haben alle Schuld von sich gewiesen.“ Wegeners Vorwurf an den PUA: „Er hat diese Aussagen keineswegs kritisch hinterfragt, sondern sie vielmehr gern übernommen, weil sie ins vorgefertigte Bild passten.“ Der PUA blieb bei seiner Darstellung und hat nahezu keinen von Wegeners Einwänden übernommen.

Der Bericht hat als Hauptgründe für den Kostenskandal chronologisch viele Punkte aufgeführt: eine zu frühe Ausschreibung des Projekts, eine viel zu geringe Planungstiefe, ständige Planänderungen und eine anfangs personell völlig unterbesetzte ReGe, die nicht in der Lage war, die ständigen Behinderungsanzeigen von Hochtief zu erwidern. Dazu die Bildung von sehr vielen Budgets in Millionenhöhe statt konkreter Baukosten, sodass sich der anfangs so stolz verkündete Pauschalfestpreis für das Bauwerk als Farce erwies. Weiter das Fehlen eines verbindlichen Terminplans und das vertragliche Dreiecksverhältnis zwischen der Stadt sowie Herzog & de Meuron und Hochtief.

Sowohl Architekten als auch Baukonzern hatten Planungsaufgaben, waren vertraglich aber nicht aneinander gebunden. Und konnten sich deshalb gegenseitig vorwerfen, Pläne mangelhaft oder zu spät geliefert zu haben. Das führte zu gewaltigen und teuren Bauverzügen bis hin zum monatelangen Baustillstand. Außerdem hatten die Architekten den Anspruch, ihren genialen Entwurf in Weltarchitektur umzusetzen, während Hochtief seine knappe Kostenkalkulation einzuhalten versuchte. Zwei Interessen, die auf der Baustelle täglich aufeinanderprallten.

Erst mit Nachtrag 5 im Juni 2013 wurden die Architekten vertraglich dem Baukonzern Hochtief unterstellt. Für diese Neuregelung des gesamten Projekts wurden jedoch noch einmal knapp 200 Millionen Euro fällig.

„Völlig zu Recht wird Ole von Beust als Hauptverantwortlicher für das Desaster dargestellt“, sagte Norbert Hackbusch (Linke). Eva Gümbel (Grüne): „Ole von Beust muss sich gemeinsam mit dem damaligen Senat den Vorwurf gefallen lassen, das Projekt von Anfang an auf eine schiefe Bahn gesetzt und leichtfertig auf grundlegende Kontrollen verzichtet zu haben.“ Ob die Skandalchronik für die Verantwortlichen juristische Folgen hat, ist offen. Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft: „Wir werden prüfen, ob sich aus dem Bericht Anhaltspunkte für strafrechtliche Ermittlungen ergeben.“