Klaus-Peter Sydow, Chef der Einkaufscity, und Geschäftsleute freuen sich auf das Möbelhaus. Anderen ist es zu groß. Eröffnung am 30. Juni

Altona-Altstadt. Manche Passanten erinnert es an ein großes Kreuzfahrtschiff: Nach nicht einmal zwei Jahren Bauzeit nimmt das Ikea-Gebäude an der Großen Bergstraße in Altona Formen an. Es hat ziemlich massive Formen – viele Passanten sind erstaunt, wie groß das Gebäude geworden ist. Aber zumindest die Geschäftsleute freuen sich weiter. „Ikea wird die Straße noch weiter beleben“, sagt Klaus-Peter Sydow, Vorsitzender der Einkaufscity Altona (ECA), einem Zusammenschluss von 40 Gewerbetreibenden. Das schwedische Einrichtungshaus sei schon jetzt ein Magnet, das viele Gewerbe in die Straße gezogen habe. Am 30. Juni wird das erste Citymöbelhaus des Konzerns eröffnet.

Bislang laufen die Bauarbeiten an dem 80-Millionen-Projekt nach Plan. Gerade wurde die Parkspindel fertiggestellt, nun werden die Parkdecks gepflastert. Künftig können dort 700 Fahrzeuge geparkt werden. In den kommenden Tagen sollen die Gerüste an den Fassaden nach und nach abgebaut werden. Dann beginnt der Innenausbau. „Das Gebäude ist schon anders als das, was man sonst so sieht“, sagt eine Passantin, selbst Architektin. Sie erinnert das bis zu 37 Meter hohe Gebäude mit der strahlend weißen Fassade, in die auch Blau- und Gelbtöne eingearbeitet sind, an ein Kreuzfahrtschiff.

„Wir haben versucht, das Gebäude so harmonisch wie möglich in das Umfeld einzufügen“, sagt Simone Settergren von Ikea. Ein kleines, zierliches Gebäude sei natürlich nicht möglich gewesen. Und klar dominiere diese Filiale mit ihren 18.000 Quadratmetern Verkaufsfläche auf so einem kleinen Stadtraum. 250 Menschen werden ab dem Sommer hier arbeiten, eine Mischung aus erfahrenen Mitarbeitern und Neulingen. Dieser Klotz, meint Klaus-Peter Sydow, werde bald immerhin ein „lebendiger Klotz“ sein. Und das sei allemal besser als der zuletzt an der Stelle leer stehende Frappant-Komplex, der vor etwa drei Jahren abgerissen wurde. „Ich wusste ja, dass es ein großes Gebäude werden wird. Vorher war dort ein großer leerer, toter Klotz.“

Ihm gefällt die geschwungene Architektur. Sie passe zur übrigen Bebauung und sei ohnehin Geschmackssache. Sydow ist Inhaber des Reisebüros direkt gegenüber von Ikea. Der 48-Jährige ist in der Großen Bergstraße groß geworden. 1967 hatte seine Mutter das Reisebüro dort eröffnet. Sydow hat erlebt, wie die Große Bergstraße als erste moderne Fußgängerzone Deutschlands 1973 eine Blütezeit erlebte und der Glanz der frühen Jahre immer weiter abbröckelte, bis zum Schluss nur noch Handy- und Dönerladen übrig blieben. „Ohne Ikea wären wir nicht mehr hier“, sagt der Geschäftsmann. Die Entscheidung, dass sich der Möbelkonzern dort ansiedeln darf, sei auch der Startschuss für andere Investoren gewesen. Seitdem seien immer mehr Gewerbetreibende gekommen, der Branchenmix stimme nun. „Es ist dieser Neuanfang, den wir hier brauchten“, sagt Sydow. Kritikern des Ikea-Projekts, die steigende Mieten und eine Gentrifizierung des Stadtteils fürchten, hält er entgegen: „Die Frage ist doch, von welchem Niveau wir herkommen. Das war ein totes Quartier. Von Gentrifizierung kann man doch nur bei einem funktionierenden Quartier sprechen.“

Längst gibt es an der Großen Bergstraße einen Biosupermarkt, Buchhändler, Drogerien, einen Laden speziell für Stoffe. Von der ehemaligen Tristesse an diesem Mittag ist nichts mehr zu spüren. Der Wochenmarkt ist belebt, die Menschen sitzen in Straßencafés, bleiben zum Plaudern stehen. Das war lange Zeit nicht der Fall, erinnert sich Apothekerin Hella Dierking. „Endlich begegnen sich wieder Menschen hier im öffentlichen Raum. Wo aber nichts ist, gehen die Menschen auch nicht hinaus und begegnen sich nicht.“

Sie sieht die Belebung der Straße, die mit Ikea einhergeht, daher sogar als bereichernd für das Miteinander. „Es ist wichtig für unsere seelische Gesundheit, auf Menschen zu treffen.“ Dazu leiste das Möbelhaus mit der Entscheidung, eine Filiale nicht auf der grünen Wiese, sondern mitten im Stadtteil zu bauen, einen wichtigen Beitrag. „Das Leben der Menschen wandelt sich. Die jüngere Generation hat häufig gar kein eigenes Auto mehr. Zu Ikea nach Schnelsen oder Moorfleet zu fahren ist für sie zu umständlich. Die Menschen arbeiten an ihren Laptops in den Cafés.“ Neben der künftigen Ikea-Filiale hatte auch Vanessa Kasselmann bisher ihren Laden: das Traditionsgeschäft Hundertmark. Dort ist gerade Ausverkauf, nachdem der Vermieter Frau Kasselmann im vergangenen Jahr fristlos gekündigt hatte. Am 5. April ist Neueröffnung am Nobistor. Trotz der Kündigung und der Sorge, dass die Mieten an der Großen Bergstraße steigen werden, sagt die Geschäftsfrau: „Es war klar, dass hier etwas passieren musste. Wir sind dabei nur leider auf der Strecke geblieben.“

Passantin Regina Lange, 57, ist nicht gut auf das große Gebäude zu sprechen, sie sagt: „Warum die das hier bauen, ist mir schleierhaft. Das Gebäude passt nicht hierher, und mit der Verkehrsanbindung ist es auch nicht so doll.“ Die Schwedin Annika Larsson, 28, aus der Neustadt sagt: „Dieser Bau ist hässlich.“