65-Jähriger soll mehr als 114.000 Euro veruntreut haben

Barmbek-Süd. Ausgerechnet Plan International wurde Ziel für einen Betrug in sechsstelliger Höhe – eine Organisation, die es sich zur Aufgabe macht, Kindern in höchster Not zu helfen, und der inzwischen 300.000 Paten ihre Spenden anvertrauen. Doch jahrelang soll jemand in der Bramfelder Deutschland-Zentrale die Hilfsorganisation betrogen haben. Dieser jemand ist laut Staatsanwaltschaft Siegfried B. gewesen, der Ex-Finanzchef von Plan.

Bei Plan International habe der Fall „Bestürzung“ ausgelöst, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Volker Pohl. Seit Dienstag steht Siegfried B. vor dem Amtsgericht Barmbek, angeklagt wegen Untreue und Betrugs. Nach eigenen Angaben habe er viel Gutes geleistet für Plan, heißt es in einer Erklärung, die B. verliest. Er habe das Geld nicht unterschlagen, man habe ihn wohl loswerden wollen. „Ich war unbequem geworden, da war man nur zu schnell bereit, mir die Sache anzulasten.“ Die Sache, damit meint B. das Unterschlagen von Geld, das Plan zugestanden hätte. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden auf 114.000 Euro. Es geht um Briefmarken, die die Paten der Kinder Geschenkpaketen beilegen, damit diese in die Zielländer weiterverschickt werden. Aus Kosten- und Zeitgründen sammelt Plan die Pakete allerdings und schickt sie per Frachtcontainer.

Die Briefmarken hingegen kauft gegen einen Abschlag von 20 Prozent eine Bargteheider Firma auf. Ein Mitarbeiter habe die Kartons mit den Marken jeden Monat bei ihm persönlich abgeholt, den Kaufpreis habe er sich stets in bar auszahlen lassen – und das habe sein früherer Vorgesetzter Andreas A. gewusst, sagt B. Wenig plausibel klingt die Antwort auf die Frage, warum er sich das Geld in bar auszahlen ließ. „Ich wollte alles in einem Zug alles abgewickelt haben“, sagt er. Er habe auch die Marken gezählt. Bei Plan bleib das nicht unbemerkt. „Als ich an der Tür vorbeiging, musste ich schon darüber schmunzeln, dass unser Finanzchef Briefmarken zählt“, sagt Volker Pohl im Zeugenstand. Von der Art und Weise der Transaktion habe er aber nichts gewusst. „Ich hätte sie auch nie gebilligt. Bei uns gilt das Vier-Augen-System.“

Zum Zerwürfnis mit Plan kam es, nachdem B. „aus Versehen“, wie er betont, Pohls Handy eingesteckt hatte. Pohl wiederum bezichtigte ihn des Diebstahls, und B. kündigte darauf. Kurz danach flog die Sache auf. Als Pohl weitere Nachforschungen anstellte, kam heraus, dass B. der Bargteheider Firma Doppelrechnungen ausgestellt hat: eine für die Buchhaltung von Plan und eine höhere für die Firma. Den Differenzbetrag soll sich B. in die eigene Tasche gesteckt haben. Das Gericht hat den Prozess vorerst ausgesetzt. Weitere Zeugen sollen gehört, weitere Beweismittel geprüft werden, auch das Frachtverzeichnis, das möglicherweise Rückschlüsse erlaubt auf die Menge der Plan zugeflossenen Briefmarken. Zu den Vorwürfen von B. heißt es von Plan, der Angeklagte wolle „von seinem Fall ablenken“.

Auf B. könnten hohe Regressforderungen der „Vertrauensversicherung“ zukommen, die den von B. verursachten Schaden reguliert hat. Um den Vorgang aufzuklären, hatte Plan eine Firma mit der internen Revision beauftragt. Deren Kosten von 50.000 Euro sollen B. in Rechnung gestellt werden, sagt Pohl.