Wer Gäste zum Essen zu sich nach Hause einlädt, sollte ein paar Dinge im Blick haben, damit das Dinner optimal läuft. Hier finden Sie die wichtigsten Tipps aus dem Abendblatt-Buch „Lieblingsmenü“!

Wer gern zu Hause Gäste zum Essen einlädt und auch noch begeisterter Hobbykoch ist, der braucht eine gute Strategie, weil vieles zu beachten ist und auch noch vieles auf einmal passieren kann. Speisen müssen auf den Punkt gekocht und fertig sein. Der Tisch muss dem Anlass entsprechend gedeckt sein. Dann wollen die Gäste begrüßt und unterhalten werden. Und schließlich muss man sich auch noch so gut benehmen können, dass alle Gäste sich - mindestens! - wohlfühlen.

Wie man das lösen kann, steht im Abendblatt-Buch „Lieblingsmenü“, in dem auf 240 Seiten Spitzenköche aus Hamburg und Norddeutschland festliche Menüs für zu Hause präsentieren. Hier ein Auszug mit den sieben Regeln:

Wie viele Regeln soll ein Gastgeber beachten? Die Antwort ist einfach: Alle! Doch für den Hobbykoch, der sein geniales Artischocken-Risotto so unvergleichlich zaubern kann, wie er es einst in einem kleinen italienischen Bergdorf von der schönsten rothaarigen Italienerin aller Zeiten serviert bekommen hat, ist es schwer, an alles zu denken.

Erste Regel für den Gastgeber: Im Mittelpunkt stehen immer die Gäste, deren Bedürfnisse und deren Geschichten. Und das geht nur ohne gleichzeitiges Kochen. Also: Weg vom Herd. Raus aus der Küche. Der Gastgeber gehört zu den Gästen. Gastgeber wird man genau in dem Moment, an dem die Gäste eintreten. Das Risotto muss dann warten.

Zweite Regel: Die Kommunikation macht den Gastgeber aus. Man stellt die Gäste sofort einander vor. Kurz. Kümmert sich um jeden. Nett, ehrlich und fürsorglich. Mit einem freundlichen, diplomatischen Einstieg begrüßt der Gastgeber alle Gäste. Die rothaarige Risotto-Story von früher kann (muss!) warten. Ein guter Einstieg ist die Frage, was man für den Gast tun kann. Man denkt daran, dass Menschen in ungewohnter Umgebung gern sofort etwas trinken wollen und nicht unbedingt sofort sitzen wollen. Gäste wollen auch untereinander reden, müssen einander vorgestellt werden. Nette Gastgeber haben dann stumme Handys.

Dritte Regel: Genie reicht nie; gute Planung ist besser. Ein möglicher Plan: Kopfkino. Ein gutes Drehbuch im Kopf für ein Essen, bei dem sich alle Gäste wohl beachtet und wohl aufgenommen fühlen, das funktioniert immer wieder. Wie im Film. Der Film im Kopf, der vorher läuft, vereinfacht im richtigen Leben vieles. Sie können sich vor dem Menü fragen, wie denn so etwas ablaufen könnte.

Also: Was ist wann zu tun? Wer sitzt wo? Sind Platzkarten sinnvoll? Wer schenkt Wein oder Wasser nach? Wer schneidet Brot auf? Wer verteilt das Risotto? Und die wichtigste Frage: Wer kümmert sich um eintretende Gäste? Charmante Gastgeber sammeln – sofern sie charmante Gäste haben – Truppen zusammen: Da darf ruhig der charmante Herr Kommerzienrat als Gast den Wein den ganzen Abend nachschenken. Wir sind nicht mehr in der Kaiserzeit, mit gestärkten Kragen, steifen Regeln und Bediensteten. Es gibt heute sogar Gastgeber, die sich einen von ihren Gästen vor dem Servieren ausgucken, und diesen das Risotto fertig rühren lassen - rühren kann jeder, das mit den Artischocken ist die eigentliche Strafarbeit. Es gibt auch Gastgeber, die dann den helfenden Gast am Risotto-Löffel charmant loben, und denen die Worte „Ist ja rührend, was du da machst...!“ wirklich locker über die Lippen kommen.

Vierte Regel: Man lernt am besten aus Katastrophen. Fantasievolle Gastgeber aber bereiten sich auf solche vor. Und überlegen vorher deren lockere und charmante Lösung. Erste Regel, wenn etwas schief geht: auf Slow Motion schalten. Durchatmen. Wer langsam und souverän Probleme löst, macht bei seinen Gästen unglaublich Punkte. Das beginnt beim Kochen: Der Risotto-Zauberer sichert sich mindestens ein frisches Hemd, weil Risotto dieses mit Spritzern verunstalten kann.

Besser: sich rechtzeitig frische Kleidung ohne Küchenduft anziehen. Kein frisches Rasierwasser kurz bevor die Gäste kommen. Keine Duftkerzen anzünden. Essen, Blumen und Wein sollen duften. Nix anderes. Keine albern bedruckten Kochschürzen, denn die können nur sabbelfreudige Fernsehköche stilvoll tragen. Wer etwas Feines kochen kann, der kann auch etwas Feines bei Tisch anziehen. Man kann sich nie zu viel Mühe beim Kochen geben. So ein richtiges italienisches Risotto aus Reis und frischen Artischocken zu zaubern, ist immer mühevoll!

Fünfte Regel: Das festlegen, was modern „No-Go“ heißt. Und was immer zuerst beim Gastgeber beginnt, denn er gibt die Regeln und Themen vor: Finanzen, innerfamiliäre Angelegenheiten, Streit, Misserfolge, schlechte Noten und Krankheiten sind tabu. Aber: Kino, Bücher, Konzert, Kultur, Urlaub, Freizeit und alles das, was man freiwillig macht oder erlebt (hat), funktioniert bei Tisch sofort. Da kann jeder irgendwo mal anknüpfen. Andere No-Go-Themen, die wirklich keine rothaarige Italienerin bei Tisch wissen will: Wie teuer das geniale japanische und natürlich brandneue Küchenmesser des kochenden Göttergatten ist.

Oder: Dass der geniale Küchen-Mann seine sternemäßigen Menü-Kompositionen jetzt mit einer Pinzette („aus säurebeständigem 18/10 Chrom-Nickel-Stahl!“) auf dem Teller picassomäßig anrichtet. Und dass er mal wieder für x-tausend Euro Wein gebunkert hat. No-Go sind auch: lange Reden bei Tisch halten, Otto Waalkes oder Loriot zitieren, Monologe halten, das Zermatschen von Kartoffeln in der Soße, übervolle Teller und übervoller Mund. Kartoffeln werden nur in Soße getunkt, und der Gastgeber muss nicht fortwährend bei Tisch Essen in sich füllen. Er muss auch (mit leerem Mund) reden (können). Das tolle Risotto schmeckt ihm auch kalt am folgenden Tag... besonders, wenn die Gäste verzückt gegangen sind. SMS und Kurzmitteilungen werden nicht bei Tisch getippt oder gelesen. Auch nicht unter der Tischplatte. Jede italienische Risotto-Köchin kann wundervoll erklären, warum bei der Mafia vor dem Essen die ausgeschalteten Handys eingesammelt werden.

Sechste Regel: Hohe Ziele bei Tisch setzen! Oder wenigstens mittelschwere Ziele: im Gespräch zum Beispiel. Manche Menschen können verbal immer leicht und locker Spannung aufbauen, mit dem richtigen Maß an Selbstironie und Charme alle einwickeln. Andere hingegen sind mit mehreren Herdplatten, Risotto („original!“), verschiedenen Herd-Temperaturen und dann auch noch den Getränken schon vollends überfordert. Ein Gespräch nett am Laufen zu halten, ist schwerer als Risotto zu kochen. Hier Tricks (nicht zum Weitersagen), die immer funktionieren. Keinen Satz mit „Aber...“ oder „Nein...“ beginnen, denn diese Worte machen alles schlecht, was andere vorher sagten. Profis ersetzten „Aber“ durch „Und“. Sie führen auch nicht jedes Thema sofort auf sich selber und die Reise („früher...“) nach Italien zurück. „Früher“-Themen machen Abende langweilig. Klare Aussprache, klare Ansage, seinen Gästen in die Augen gucken; Charme geht immer erst über Augen. Wer deutlich sprechen und seinem Gegenüber in die Augen schauen kann, hat Vorteile. Der klare Satz, so laut gesprochen, dass ihn jeder Gast im Raum hören kann, funktioniert immer: „Wir wollen jetzt alle zu Tisch und essen!“ Gäste mögen klare Ansagen. Wenn der Gastgeber später auch noch ehrlich und originell ist und statt belanglosem Smalltalk ein Gespräch entwickeln kann, ist alles gut.

Siebte Regel: Mitschreiben hilft beim nächsten kulinarischen Geniestreich. Vielleicht in einem kleinen eigenen Kochbuch. Da gibt es hübsche („fadengeheftete“) Bücher, die man kunstvoll mit gelungenen Menüs oder beim Kochen neu entstandenen Ideen füllen kann. Dazu muss man sich Gedanken machen, was denn alles so toll gelaufen ist. Es soll Menschen geben, die machen das ohne Buch, nennen es Reflextion, und vergessen nie etwas. Was wir hier noch mal neidlos anerkennen und bewundern wollen – und uns dann doch lieber das Eintragbuch besorgen.

Das Buch „Lieblingsmenü“ erhalten Sie zum Preis von 36 Euro im Buchhandel und unter www.abendblatt.de/shop. Sie können das Buch auch telefonisch unter 040/347 26 566 bestellen.