Vanessa fürchtete sich sogar vor dem Kettenkarussell auf dem Dom. Mit einem Fallschirmsprung in Neuseeland überwand sie die Furcht

Als ich sieben Jahre alt war, ging es mir nach einer Kettenkarussellfahrt mal so unglaublich schlecht, dass ich mir schwor, nie wieder so einen Blödsinn zu machen. Seitdem habe ich Achterbahnen, Schaukeln, Freefall-Türme oder andere Dinge, die angeblich Spaß machen, gemieden – immer mit der Ausrede, ich sei nicht schwindelfrei. Doch vielleicht war der eigentliche Grund auch nur, dass ich furchtbare Angst hatte. Als überzeugte Pessimistin, sah ich mich im Grunde schon halb unter der Erde, wenn ich nur in die Nähe eines solchen Gerätes kam. Ich war eine echte Schissnase, was ich aber weitestgehend für mich behalten habe.

Im Januar vergangenen Jahres bin ich nach Neuseeland aufgebrochen, um mein Auslandsabenteuer zu starten. Damals hatte ich einen ganz besonderen Wunsch. Ich wollte unbedingt Fallschirm springen.

Denn nicht Amerika ist in diesem Zusammenhang das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern Neuseeland. Die Geburtsstätte des Bungee-Jumping ist mit seiner wunderschönen Natur wie gemacht für das Fallschirmspringen.

Als ich Mitte April dann wirklich in diese winzige Propellermaschine eingestiegen bin, mein Tandemmaster dicht hinter mir, hab ich nur gedacht: „Was machst du hier? Ausgerechnet du, die nicht mal in die Wilde Maus auf dem Dom einsteigt, will in 4000 Meter Höhe aus einem Flugzeug springen, und das mit einem Mann, den du noch nie in deinem Leben gesehen hast?“. Hätte ich in dem Moment einen klaren Gedanken fassen können, hätte ich mich bestimmt für verrückt erklärt.

Erst als die Füße in der Luft baumelten, war alle Angst wie weggeblasen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Moment, in dem man zu fliegen anfängt, lässt sich eigentlich kaum beschreiben, ohne es klingen zu lassen wie aus einem billigen Kitschroman. Es dauert eine Weile, um zu realisieren, was überhaupt passiert und wo man ist, und dann gibt es nichts mehr außer dem Gefühl, wirklich frei zu sein. Frei von Angst, Unsicherheit und im Grunde sogar frei von einfacher Freude, denn das, was da durch meinen Körper schoss, war Adrenalin gemischt mit Lebensfreude pur. Als ich sicher wieder auf meinen Füßen stand, hatte ich das Gefühl, ich könnte alles schaffen. Die restlichen drei Monate Austausch kamen mir total kurz vor. Die Klippe, von der ich mich zwei Wochen zuvor nicht zu springen getraut hatte, nahm ich am nächsten Tag mit Anlauf und Jubel.

Zurück in Hamburg, führte mich mein erster Weg zum Sommerdom – und stellte fest, dass Achterbahnfahren und Freefall wirklich Spaß machen. Dinge selber in die Hand zu nehmen und das zu erreichen, was ich möchte, hab ich in Neuseeland gelernt. Es fühlt sich so an, als hätte ich mich am anderen Ende der Welt mutiggesprungen.