Wenn Hamburg regenerativ erzeugten Strom nutzt, würde sich der Rückkauf lohnen

Der Rückkauf des Hamburger Stromnetzes von Vattenfall durch die Stadt ist nur ein Zwischenschritt. Hamburg muss nun auch die Konzession für den Betrieb des Netzes erringen. Gelingt das in dem dafür geplanten Verfahren bis zum Herbst, würde die Hamburger Stromversorgung zum Teil wieder in der Hand der Stadt liegen. Gelingt es nicht, muss die Stadt das Netz an den künftigen Betreiber weiterverkaufen. Der große Hamburger Netze-Rückkauf bleibt auch nach der überraschend schnellen Einigung beim Teilthema Stromnetz einstweilen weiter hoch kompliziert.

Angenommen, die Stadt ist von 2015 an wieder Herr und Betreiber des Hamburger Stromnetzes, was fängt sie dann damit an? Sie muss den Strom aller Anbieter durch dieses Netz leiten, der legal nach deutschen und europäischen Gesetzen erzeugt und eingespeist wird. Zum Beispiel den besonders günstigen Strom aus den Braunkohlekraftwerken von Vattenfall in der Lausitz, der neuerdings durch die neue Höchstspannungsverbindung zwischen Schwerin und Krümmel noch besser nach Norddeutschland transportiert werden kann. Am norddeutschen Strommix ändert ein Übergang des Hamburger Netzes an die Stadt zunächst einmal gar nichts.

Die Stadt könnte in den kommenden Jahren allerdings versuchen, die Energiewende auch mithilfe des städtischen Stromnetzes voranzubringen. Die weitaus größten Potenziale für regenerativ erzeugten Strom in ganz Deutschland besitzt die Küstenregion – mit den besten Windkraft-Standorten an Land und mit den engsten Anbindungen an die neu entstehenden Offshore-Windparks auf der Nordsee und der Ostsee. Zudem liegen im Norden die geologischen Formationen, die nötig sind, um künftig Wasserstoff und synthetisches Erdgas mithilfe der Windkraft zu erzeugen und zu speichern. Zumeist sind dies ausgeförderte Erdgasfelder.

Unverzichtbar sind obendrein moderne Verteilnetze, um Metropolen und Ballungsräume wie Hamburg künftig überwiegend mit Strom aus Wind- und Sonnenkraft versorgen zu können. Die schwankende Energieerzeugung aus Wind- und Sonnenkraftwerken setzt voraus, dass Strom-Angebot und -Nachfrage im Verlauf des Tages exakter als bislang aufeinander abgestimmt werden. Die dafür nötige Technik nennt man „smart grids“, „intelligente Netze“. Je eher sie installiert werden, desto schneller können die Stromverbraucher von einem Ausbau der Wind- und Sonnenkraft profitieren. Die Stadt müsste sich beim Netzbetrieb allerdings als fortschrittlicher Unternehmer erweisen, um dieses Ziel zu erreichen. Das setzt in den kommenden Jahren hohe Investitionen in die Modernisierung des Netzes voraus – zusätzlich zum Preis, der für den Rückkauf zu zahlen ist.

Politisch hat die Energiewende im Norden hohe Priorität. Die Regierungen der Küstenländer wissen, dass sie eine historische Chance ergreifen und einen großen Teil der künftigen deutschen Stromerzeugung in dieser Region konzentrieren können. Wenn Hamburg dabei zu einem Vorreiter wird, zum Beispiel auch mit wasserstoffbetriebenen Bussen oder Windstrom im U-Bahn-Netz, nützt das dem Norden insgesamt. Große Strukturen wie Industrieareale und Metropolen müssen mit erneuerbaren Energien stets sicher versorgt werden können, wenn Wind, Sonnenlicht und Biomasse tatsächlich zum Fundament unserer Energiewirtschaft werden sollen.

Wenn das Hamburger Strom-Verteilnetz dazu künftig einen entscheidenden und politisch flankierten Beitrag leisten kann, hätte sich das Ringen um die Netze gelohnt. Hamburg beherbergt hoch konzentriertes Wissen von Unternehmen und Forschungsinstituten, die die Energiewende vorantreiben. In diesem Kontext sollte der Rückkauf des städtischen Stromnetzes stehen. Dann profitiert davon die ganze Stadt.