Oberin Schwester Lincy Kottackal aus dem indischen Bundesstaat Kerala besitzt nicht viel. Ihr Hab und Gut passt in zwei, drei Kisten. Sie könnte den Typus einer global einsetzbaren Angestellten verkörpern, die rasch ihren Schreibtisch räumen und auf den nächsten Kontinent umziehen kann. Aber die 50-jährige Inderin repräsentiert mehr: Es ist das Armutsideal der heiligen Franz und Klarissa von Assisi, die Liebe zu Jesus Christus und der Gehorsam zum Franziskanerinnen-Klarissen-Orden. Die Kommunität hat sie vor rund 15 Jahren als Krankenschwester und Oberin von Indien nach Mayen bei Koblenz entsandt, um Kranken zu helfen.

Das macht sie jetzt in Hamburg. Seit einer Woche arbeitet Oberin Lincy mit drei weiteren indischen Nonnen im katholischen Marienkrankenhaus. Die Patienten in Deutschland erlebt Lincy meist als sehr freundlich. „Sie sind höflich und sympathisch“, sagt sie. In Indien, fügt sie hinzu, sei das häufig anders. Da kommt nicht nur der komplette Familienverband ans Krankenbett. „Wenn etwas in der medizinischen Behandlung schiefläuft und der Patient stirbt, werden die Angehörigen oft gewalttätig.“ In den Hamburger Umzugskartons der Oberin befanden sich 30 Jahre alte Bibeln in Englisch, Deutsch und in asiatischen Sprachen. Neben Rosenkranz und Gebetsbüchern das wohl Wertvollste, was sie an irdischen Gütern besitzt. Dafür hat sie ganz viel Herz für ihre Patienten.