Zahl der gemeldeten Fälle von Kindeswohlgefährdung steigt auf 10.811. Behörden loben wachsende Sensibilität. Insbesondere der „tragische Tod“ der elfjährigen Chantal habe eine bundesweite Diskussion ausgelöst.

Hamburg. Jeden Tag werden Kinder und Jugendliche in Hamburg mit Problemen und Gewalt konfrontiert. Sie werden vernachlässigt, allein gelassen, geschlagen und missbraucht. Während besonders tragische Fälle wie der Methadon-Tod der elfjährigen Chantal bekannt werden, bleiben etliche Fälle im Dunkeln.

Aus dem aktuellen Kinderschutzbericht der sieben Bezirksämter geht hervor, dass 2012 in Hamburg deutlich mehr Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung gemeldet wurden als im Jahr davor. Demnach ist die Zahl von 9013 (2011) auf 10.811 (2012) gestiegen, wie der Wandsbeker Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff am Dienstag sagte. Das entspricht einem Anstieg um knapp 20 Prozent. Den prozentual stärksten Zuwachs gab es in Altona mit 41,6 Prozent und Bergedorf mit 35,8 Prozent. In Eimsbüttel ist die Zahl mit minus sieben Prozent rückläufig.

Für den Leiter des Fachamtes für Jugend- und Familienhilfe, Christoph Exner, sind die Zahlen kein Beleg dafür, dass sich die Lage der Kinder in der Stadt verschlechtert hat: „Wir verzeichnen schon seit 2005 und mit dem Einsetzen des Projektes ‚Hamburg schützt seine Kinder‘ und den dort getroffenen Maßnahmen jedes Jahr höhere Meldezahlen im Zusammenhang mit Kindeswohlgefährdung.“ Er führe dies darauf zurück, dass sich die Sensibilität in der Bevölkerung sowie die „Kooperationsdichte“ zwischen Jugendhilfe und dem Gesundheitswesen und den Schulen erhöht habe. „Das hat im Laufe der Jahre dazu geführt, dass das Wohl der Kinder immer mehr in den Blick dieser Stadt genommen wird“, sagte Exner. Immer öfter würden Anliegen den zuständigen Institutionen und Behörden gemeldet.

Auch im Hinblick auf die Zahl der „Inobhutnahmen“ registrierten die Bezirksämter einen Anstieg. Während die Behörden 2011 noch 923 Kinder aus den Familien herausgenommen hatten, waren es 2012 schon 1632. Allerdings gab es statistische Probleme: „Wir haben im letzten Jahr Auswertungen der Bezirksämter und des Kinder- und Jugendnotdienstes gehabt. Da ist es zu Doppelzählungen gekommen, weshalb die Zahlen nicht wirklich vergleichbar sind“, sagte die Koordinatorin für Kinderschutz in Wandsbek, Gabriele Fuhrmann.

Zählt man alle Meldungen zusammen, die 2012 beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), dem Familieninterventionsteam (FIT) oder beim Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) eingegangen sind, so ergibt sich ebenfalls ein dramatischer Zuwachs: Waren es 2011 noch 28.617 Anliegen, so waren es 2012 schon 33.825. Das ist ein Anstieg um 15,4 Prozent.

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