Was ist nach dem Tod? Nichts? Dieser Gedanke hat einer Hamburger Schülerin buchstäblich Todesängste bereitet. Im Abendblatt erzählt sie, wie sie die Furcht vor dem Sterben in den Griff bekommen hat.

Jeden Abend das gleiche Szenario. Jeden Abend, wenn ich im Bett liege, stelle ich mir die immer wiederkehrende Frage: „Was ist nach dem Tod? Nichts?‘‘ Sofort steigt Panik in mir auf. Ich will diesen Gedanken loswerden. Ich muss mich bewegen. Ich muss schreien. Ich habe Angst vor dem Nichts. Panische Angst.

Aber stimmt es wirklich? Bedeutet der Tod wirklich, dass alles vorbei ist und danach nichts mehr ist? Und warum haben viele Menschen in unserer Gesellschaft so eine große Angst davor und verdrängen den Gedanken an den Tod?

Der Tod steht in unserer Gesellschaft als Vernichter unseres Lebens. Der Tod ist unser Feind. Wir haben Angst vor dem Nichts, vor der Veränderung, die der Tod mit sich bringt. Wir wissen nicht, was dann passiert und was nach dem Sterben mit uns geschieht.

Ich hatte bei dem Gedanken an den Tod immer Dunkelheit und Leere vor Augen. Ich hatte panische Angst vor der Vorstellung, nichts mehr spüren und fühlen zu können, den Alltag und viele Menschen nicht mehr um mich zu haben, einfach nicht mehr zu leben. Ich hatte Angst davor, dass dann alles vorbei ist. Ich mochte nie schlafen gehen, weil diese Angst schon zu meinem Einschlafprozess gehörte. Ich musste immer Licht in mein Zimmer scheinen lassen, damit diese Dunkelheit, die ich nach dem Tod erwartete, nicht da war. Meine Eltern sind oft mit mir zu Heilpraktikern und Psychologen gegangen. Fachleute wollten mir helfen, diese Todesangst loszuwerden. Aber das hat alles nichts geholfen, niemand konnte mir die Angst vollständig nehmen.

Nur mein Vater konnte mich in Momenten der Panik beruhigen. Er hatte früher selbst Todesängste und konnte mir durch seine Erfahrungen und mit dem, was er sagte, ein wenig helfen. Seine Angst sei erst verschwunden, als mein großer Bruder geboren wurde. Auch mein kleiner Bruder hatte eine Zeit lang diese Panikattacken. Er tat mir immer unendlich leid, weil ich genau wusste, wie er sich in diesen Momenten fühlte.

Diese Attacken sind wie Wellen, die aufsteigen, sich aber wieder legen. Bei mir kamen sie über Jahre immer wieder. Ich weiß nicht mehr genau, wann die Todesangst nachließ. Ich weiß nur noch, dass ich damals nicht mehr diesen Drang hatte, mich bewegen zu müssen und zu schreien, ich musste einfach nur noch weinen. Lange habe ich den Gedanken an den Tod verdrängt, heute komme ich ganz gut damit klar. Ich kann über Sterben und Tod sprechen und mich damit auseinandersetzen.

Ich habe mich ganz langsam damit abgefunden, dass ich irgendwann einmal sterben muss. Dass jeder Mensch, jedes Lebewesen sterben muss. Durch das langsame Akzeptieren dieser Tatsache habe ich gelernt, mit der Angst umzugehen.

Aber warum setzen sich die Menschen in unserer Gesellschaft nicht mit dem Thema Tod und der Angst vor dem Sterben auseinander? Warum verdrängen die Menschen das Thema Tod, ignorieren es?

Es wird darüber geschwiegen, sogar die Trauernden schweigen. Dabei ist es so wichtig, die Trauer richtig zu verarbeiten. Früher trauerte man zusammen. Man trauerte in der Familie. Heute werden die Trauernden gemieden, obwohl sie doch Trost brauchen.

Man sollte über den Verstorbenen und seine Art des Sterbens sprechen, um ausgiebig Abschied nehmen zu können. Generell sollte sich die Gesellschaft mit dem Tod auseinandersetzen, denn er gehört zum Leben dazu. Früher oder später wird jeder Einzelne damit konfrontiert. Es hilft nichts, die Augen davor zu verschließen, auch nicht vor der Angst.