Zwischen Kajen und St.Pauli-Landungsbrücken entstehen eine neue Promenade, 50 Mietwohnungen sowie Büros und Geschäfte für 200 Millionen Euro. Bis 2015 soll die südliche Neustadt ein neues Gesicht erhalten.

Neustadt. Die Elbphilharmonie ist die eine Seite, der Baumwall die andere – im wahrsten Sinn des Wortes. Denn auch vis-à-vis des künftigen Konzerthauses entsteht Sehenswertes: Auf der Meile zwischen Kajen und St.Pauli-Landungsbrücken wird derzeit kräftig abgerissen, gebuddelt und gebaut. Von Mitte 2015 an präsentiert sich Hamburgs Hafenkante mit komplett neuem Gesicht. Insgesamt werden mehr als 200 Millionen Euro investiert.

Neben der Entwicklung der Stadthöfe an der Stadthausbrücke, der Neugestaltung des Großen Burstahs und Aktivitäten am Neuen Wall wird der City nun auch abseits der Binnenalster Weltklasseformat zuteil. Dazu gehört eine etwa 80 Millionen Euro teure Uferpromenade zwischen Landungsbrücken und Baumwall, die aus breiten Treppen- und Terrassen besteht. Zudem soll dieser maritime Boulevard als 7,60 Meter hohe Flutschutzwand dienen. „Nach langem Dornröschenschlaf enthält diese Seite des Hafens endlich wieder richtige Bedeutung“, sagt Stefan Spilker, Geschäftsführer der Becken-Projektentwicklung. „Damit werden städtebauliche Fehlentwicklungen korrigiert.“ Das Unternehmen des Investors Dieter Becken bringt rund 75 Millionen Euro auf, um am Vorsetzen drei Bauvorhaben umzusetzen.

Vor fünf Jahrhunderten schufen die Hamburger den Namen Vorsetzen für die Strecke zwischen Hafen und Altstadt aus gutem Grund: Er beschreibt Kaibefestigungen, die der Straße vorgesetzt wurden, um Schiffe direkt in der Stadt be- und entladen zu können. Was früher ein Herzstück Hamburgs war, soll sich in eineinhalb Jahren wieder sehen lassen können. Auch von der U-Bahn aus, die am Elbufer erhaben verkehrt. Was der Verlag Gruner + Jahr an der Haltestelle Baumwall vormachte, entsteht jetzt auch nebenan: moderne Architektur in Harmonie mit dem Viertel. „Wir wollen ein buntes Miteinander“, sagt Projektentwickler Stefan Spilker in Anspielung auf die Kontorhäuser und das Portugiesenviertel in der Nachbarschaft. Der Anspruch Wohnen und Büros auf einen Nenner zu bringen, soll auch an der Ecke Vorsetzen/Neuer Neustädter Weg verwirklicht werden. Auf dem Grundstück unterhielt der Germanische Lloyd früher seine Hauptverwaltung.

Diese wird bis Ende Dezember komplett abgerissen sein und Raum schaffen für einen Neubau mit neun Stockwerken und fast 10.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Neben Büros und Geschäften entstehen bis Juni übernächsten Jahres 50 Mietwohnungen. Ein paar Meter weiter sowie am Johannisbollwerk nebenan entstehen weitere Neubauten. Was bisher im Abseits lag, so das Ziel von Stadtentwicklung, Bauherren und Architekten, soll die Verbindung zwischen Hauptbahnhof, Innenstadt und HafenCity interessant machen. Kurz gesagt: Ein bisher teilweise brachliegendes und vom Gros der Hamburger ignoriertes, indes historisch gewachsenes Areal wird zeitgemäß in Szene gesetzt.

„Wir sehen die Bauvorhaben als eine Stärkung der südlichen Neustadt mit ihrer typischen Mischung aus Wohnen und Arbeiten“, sagte Andy Grote (SPD), Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte dem Abendblatt. „Besonders begrüßenswert“ sei die Umwandlung von älteren Gewerbeeinheiten am Wolfgangsweg in öffentlich geförderte Wohnungen. Insgesamt gewinne das Quartier an städtebaulicher Qualität.

In der Tat steigert der Wolfgangsweg zwischen Baumwall, Venusgarten und Michel in zweiter Reihe gelegen, seine Bedeutung erheblich. „Durch den Wegfall der Überbauung wird die Straße tatsächlich geöffnet“, sagt Kerstin Graupner von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Auch hier entstehen neue Wohnungen, die in die Umgebung passen.

Richtung Landungsbrücken wird es dann schicker. Was eigentlich als Flutschutz am Niederhafen gedacht ist, präsentiert sich auf 625 Meter Länge zukünftig als ein echter Hingucker – für Hanseaten wie Touristen. Mit dieser breit gefächerten Promenade überzeugte die international renommierte Architektin Zaha Hadid aus London bei der Hamburger Architektur-Olympiade 2006. Mehr als 16.000 Quadratmeter dunkler Basaltstein aus Asien sollen verbaut werden.

„Diese Uferpromenade zwischen Landungsbrücken und Speicherstadt ist mit ihren Ausblicken auf die Elbe und den Hafen einer der spannenden Orte unserer Stadt“, sagte Jan Huebener aus dem Hamburg-Büro von Zaha Hadid. „In der derzeitigen Situation ist sie jedoch mit der direkten Umgebung kaum verknüpft und damit das Potenzial des Ortes bei Weitem nicht ausgeschöpft.“ Die Öffnung dieser Promenade zum städtischen Umfeld und zum Wasser sei der zentrale Ansatzpunkt des Projektes.

Unterschiedliche Architekten und Investoren arbeiten also an verschiedenen Orten zwischen Kajen und Landungsbrücken daran, eine der attraktivsten Meilen Hamburgs aufzuwerten. In eineinhalb Jahren sollen die Bürger diese Entwicklung nicht nur an Baustellen und ständigen Staus bemerken – dann sind die ersten Bauten fertig.