Die Entstehungsgeschichte des Hamburger Verlagsgebäudes

Erst gab es einen dumpfen Knall, dann eine dichte Stauwolke – und dann war das Columbushaus an der Caffamacherreihe in sich zusammengefallen. Ein lautstarker Startschuss für die Umgestaltung eines ganzen Quartiers.

25 Jahre ist diese Sprengung jetzt her. 25 Jahre, in denen zwischen Fuhlentwiete, Caffamacherreihe, Valentinskamp und Kaiser-Wilhelm-Straße kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Das Abendblatt war mit seiner Redaktion immer mittendrin. Zuerst in kleinen Büroräumen, in denen man auf schweren Schreibmaschinen herumhackte. Dann in Großraumbüros mit Rupfen bespannten Zwischenwänden und schließlich im modernen Newsroom mit multimedialer Technik.

Es war am 29. Mai 1988, als Sprengmeister Otto Plambeck mit sechs Kilogramm Sprengstoff das Columbushaus zusammenstürzen ließ. Ein Jahr später krachte es nebenan: Da musste das ehemalige Hotel Columbus weichen.

Jetzt war der Platz für den Erweiterungsbau geschaffen. Ein Bauvorhaben in geschichtsträchtiger Umgebung: Vorn an der Spitze zwischen Fuhlentwiete und Kaiser-Wilhelm-Straße steht als spitzwinkliges Hochhaus die Urzelle des Verlags. Auf der anderen Seite wurde Komponist Johannes Brahms geboren. Dazwischen erinnern Reste des Gängeviertels an die Wohnverhältnisse des 17., 18. und 19. Jahrhunderts.

Mit seinem Verlagshaus hatte Axel Springer ein Zeichen für den Wiederaufbau der Stadt gesetzt. 1956 wurde das Haus, eine 13-stöckige Stahlbeton-Konstruktion des Architekten Ferdinand Streb, fertig. Der Bau hatte 1950 mit dem Gebäude für die Druckerei begonnen. Damals sensationell: Durch hohe Glasscheiben konnte man die Druckmaschinen bei der Arbeit bestaunen.

Obwohl von 1983 an die Springer-Zeitungen aus Platzgründen in Ahrensburg gedruckt wurden, blieben die Redakteure im Herzen der Stadt. Die Architekten Karres und Partner hatten einen Entwurf für einen Neubau mit Querflügeln, Randbebauungen und Innenhöfen vorgelegt. Die Fassaden wurden mit hellem Granit und viel Glas geplant. Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1989 war der erste Bauabschnitt 1991 fertig – und das Abendblatt zog ein.

Fortan konnten die Redakteure aus ihren Büros zugucken, wie bis 1993 der zweite Bauabschnitt beendet wurde und der dritte Bauabschnitt mit Personalrestaurant, Cafeteria und großer Eingangshalle begann.

Unterdessen hatte die Stadt Hamburg dem 1985 verstorbenen Verleger eine hohe Ehre zukommen lassen. Vor dem Gründungshaus zwischen Fuhlentwiete und Kaiser-Wilhelm-Straße wurde der Axel-Springer-Platz eingerichtet. Am 2. Mai 1990 zog Verleger-Witwe Friede Springer gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Henning Voscherau schwungvoll ein Leinentuch von dem Straßenschild herunter, das heute noch an der Eingangsfront des Verlagshauses hängt.

1996 wurde der Streb-Bau unter Schutz gestellt. Damit würdigten die Denkmalschützer nicht nur die für die 50er-Jahre typische Architektur, sondern auch die geschichtliche Bedeutung des Unternehmens für den Wiederaufbau der Stadt. Dem blauen Straßenschild gesellte sich ein weiteres Schild mit weißer Schrift auf blauem Grund hinzu, das das Verlagshaus als Denkmal ausweist.

Während an der Vorderseite die Geschichte des Unternehmens gerühmt wurde, vollendete sich auf der Rückseite die Moderne: 1997 wurde die Springer-Passage eröffnet – ein gläserner Durchgang mitten durch das traditionsreiche Hamburger Verlagshaus, von der Kaiser-Wilhelm-Straße zur Caffamacherreihe. Jetzt konnten alle Hamburger wieder Zeitungsluft schnuppern, so wie früher vor den hohen Fenstern der Druckerei an der Fuhlentwiete.

Für den Verlag waren die Bauarbeiten damit abgeschlossen, für das Quartier noch lange nicht. Erst entstand das benachbarte Brahmsquartier mit Wohntürmen und Bürokomplex. Heute werden gleich daneben die verfallenen Reste des Gängeviertels saniert.

Es ist das Ergebnis einer „friedlichen Übernahme“, wie das Abendblatt den Künstlern attestierte, die die ruinierten Häuser 2009 besetzt hatten. Ihre Initiative „Komm in die Gänge“ bewahrte die Häuser vor dem Abriss und rettete mit viel öffentlicher Unterstützung ein Stück Hamburger Stadtgeschichte. Die Behörden indes hatten sich im Umgang mit dem Gängeviertel viele Fehler geleistet. Und das ausgerechnet direkt unter den Augen der benachbarten Abendblatt-Redaktion. Aber das ist eine andere Geschichte.

Susanne von Bargen, 62, war von 1979 bis 2002 landespolitische Korrespondentin