Nach Neonazi-Überfall auf Gymnasiasten werden in Hamburg weitere Zeugen vernommen. Der erst 15 Jahre alter Schüler war durch die Attacke schwer verletzt worden.

Hamburg/ Bad Schandau. Das mit der Bekämpfung des politischen Extremismus betraute Operative Abwehrzentrum (OAZ) in Leipzig hat am Montag mehrere Sonderermittler nach Hamburg entsandt. Sie sollen die Hintergründe eines mutmaßlich fremdenfeindlich motivierten Angriffs auf Zehntklässler des Goethe-Gymnasiums in Lurup (wir berichteten) aufklären. Die Schüler waren während einer Klassenreise im sächsischen Kurort Bad Schandau mutmaßlich von Neonazis angegriffen worden, ein erst 15 Jahre alter Schüler wurde durch eine Attacke schwer verletzt.

Neben dem Jungen sollen weitere Zeugen vernommen werden. „Wir gehen Hinweisen in Hamburg und Bad Schandau nach“, sagte eine Sprecherin des OAZ. Die Ermittlungen liefen „auf Hochtouren“. 87 Hamburger Schüler und ihre sechs betreuenden Lehrer hatten während einer Klassenreise mehrere Tage im malerischen Elbsandsteingebirge verbracht. Am Vorabend der Rückreise nach Hamburg hatten einige Zehntklässler trotz eines Verbots durch die Lehrer ein Dorffest besucht. Dort soll es zunächst zu einem Wortgefecht mit einheimischen Jugendlichen gekommen sein. Anderen Berichten zufolge hatten sich den Schülern zwölf betrunkene Männer in den Weg gestellt und sie bis zur Jugendherberge verfolgt. Wenig später sollen Rechtsextreme die Unterkunft der Hamburger angegriffen und dabei fremdenfeindliche Parolen gebrüllt haben. Die völlig verängstigten Schüler sperrten sich daraufhin in ihren Zimmern ein und verbarrikadierten die Türen mit Stühlen.

Kurz vor dem Tumult war bereits ein 15 Jahre alter deutsch-chinesischer Junge von drei Rechtsradikalen auf einer Toilette der Herberge so heftig zusammengeschlagen worden, dass er einen Kieferbruch, eine Fraktur des Augenhöhlenbodens und ein schweres Trauma erlitt. Die Verletzungen wurden Tage später im UKE diagnostiziert, nachdem Rechtsmediziner Verdacht geschöpft hatten. Ärzte einer sächsischen Klinik waren zunächst von „leichten Schlagverletzungen“ ausgegangen. Zudem kritisierte die Mutter des 15-Jährigen die mitgereisten Lehrer scharf: Diese hätten sie erst Stunden nach dem Angriff informiert und ihrem Sohn verboten, sie anzurufen. Die Schulbehörde wies die Vorwürfe zurück: Die Behandlung des Jungen im Krankenhauses habe erste Priorität gehabt. Gegenüber dem Abendblatt kündigte die Mutter an, bei der Schulaufsicht Beschwerde einzulegen.

In der Kritik steht auch die örtliche Polizei, die erst eine halbe Stunde nach Beginn der Krawalle die Belagerung der Herberge aufgelöst haben soll, wie Zeugen dem Abendblatt berichteten. Entgegen ersten Informationen sollen jedoch keine Rechtsextremisten festgenommen worden sein. Auch über Ingewahrsamnahmen sei nichts bekannt, so die OAZ-Sprecherin weiter. Die Polizei habe aber mehrere Personen festgestellt und deren Personalien aufgenommen. Weitere Informationen wollte das OAZ aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen. Es gelte nun, „die Puzzlestücke zusammenzufügen. Aber wir wollen und werden die Täter ermitteln", sagte die Sprecherin.