Fondsanleger gaben Hamburger Immobilienfirma Millionenkredit, der zum großen Teil nicht zurückgezahlt wurde. Viele Anleger fühlen sich falsch beraten und übervorteilt.

Hamburg. Josef S. erwartete wie viele andere eine gute Geldanlage. Sein Versicherungsmakler riet zu Logistikimmobilien, die ein Drittel mehr Rendite bringen sollten als vermietete Büroflächen. So hoffte der Handelsvertreter auf eine Rendite von bis zu zwölf Prozent und investierte gleich 100.000 Euro in zwei Fonds der Garbe Logimac AG. Jetzt fürchtet er um sein Geld und sein Anwalt macht ihm wenig Hoffnung. „Wir befürchten, dass nahezu das gesamte Geld der Gesellschafter verloren ist“, sagt der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Stephan Greger, der zahlreiche geschädigte Anleger vertritt. „Der erst in diesem Jahr vorgelegte Geschäftsbericht für 2009 veranlasst uns zu dieser Einschätzung.“

Behält er recht, wären rund 60 Millionen Euro von einigen tausend Anlegern verloren. Viele von ihnen fühlen sich falsch beraten und übervorteilt - von den Anlagevermittlern, aber auch von der Fondsgesellschaft, die zu einer bekannten Hamburger Immobiliengruppe gehört: Garbe. „Am Landgericht Hamburg sind rund 200 Klagen gegen die Garbe Logimac anhängig“, sagt eine Gerichtssprecherin auf Anfrage. In einigen wenigen Fällen werde auch gegen Bernhard Garbe geklagt.

Er machte sich 1965 mit dem Bau von Wohnhäusern in Norddeutschland selbstständig. Schnell entwickelte er ein Gespür für gute Lagen im Immobiliengeschäft, er ist der Erfinder des Stilwerks, baute aber auch Logistikzentren für große Unternehmen. 2010 räumte das Unternehmen erstmals Probleme ein, spürte die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Nachdem die Söhne Christopher und Alexander Garbe vor drei Jahren die Geschäfte von ihrem Vater übernommen hatten, wurden die Probleme offenbar. „Um das Unternehmen war es nicht so gut bestellt, wie die Zahlen es hätten vermuten lassen“, sagt Garbe-Sprecher Wolfpeter Hocke.

Inzwischen hat sich das Unternehmen verkleinert und mit einem Partner, der Familie Nixdorf, neu aufgestellt: Fast die Hälfte der Mitarbeiter in der Hansestadt wurde vor zwei Jahren abgebaut und der repräsentative Standort in der HafenCity zugunsten eines kleineren Büros in der City aufgegeben. Doch vom Neuanfang der GUN-Holding (Garbe und Nixdorf) - wieder mit Wohn- und Logistikimmobilien - werden die Anleger nicht profitieren. „Die alte Holding wird in ihrer bisherigen Form nicht fortbestehen“, sagt Firmensprecher Wolfpeter Hocke. Dazu gehört auch Garbe Logimac. Dabei haben die Anleger der alten Garbe Holding ein Millionendarlehen gewährt, das zum großen Teil nicht zurückgezahlt wurde.

Erst in den Auseinandersetzungen mit den Anlegern wird deutlich, wie knapp die Garbe Holding einer Insolvenz im Jahr 2011 entgangen ist. 2008 vergab die Garbe Logimac mit dem Geld der Anleger zwei Kredite ohne Sicherheiten an zwei Garbe-Gesellschaften. „Insgesamt geht es um 31 Millionen Euro“, sagt Fachanwalt Greger. Das ist rund die Hälfte des eingesammelten Kapitals, mit dem Logistikimmobilien errichtet und vermietet werden sollten. Die Art und Weise der Kreditvergabe ist umstritten. „Die Darlehen wurden zunächst ohne Zustimmung der Anleger vergeben, obwohl es um ihr Geld ging und sie wurden über die Risiken nicht ausreichend aufgeklärt“, sagt Greger. Garbe bestreitet das. „Die Anleger hatten die Wahl, ob sie ein besichertes Darlehen zu sechs Prozent vergeben oder ein unbesichertes zu zwölf Prozent“, sagt Hocke. „Sie haben sich schließlich für die risikoreichere Variante entschieden.“ Fakt ist, dass die Anleger der Darlehensvergabe schließlich doch zustimmten. Auch der Hamburger Rechtsanwalt Klaus Matzen, der die Kreditgewährung im Auftrag von Wirtschaftsprüfern analysierte, hatte keine Bedenken.

Anwalt Greger will vor Gericht beweisen, dass die Kreditgewährung „bereits 2008 sehr riskant war und nicht hätte erfolgen dürfen“. Er vermutet auf der Basis von Aussagen im Konzern-Lagebericht für 2008, dass die Kreditnehmer auf dem freien Markt nicht so leicht ein Darlehen erhalten hätten. „Insbesondere Bernhard Garbe hatte ein immenses eigenes Interesse an der Darlehensvergabe in Höhe von rund 25 Millionen Euro an die Garbe Holding AG & Co. KG, weil er mit einer Hafteinlage von 15,3 Millionen Euro an ihr beteiligt war“, sagt Greger. Schon ein Jahr nach der Vergabe sei es zu einer Wertberichtigung des Darlehens gekommen.

Vor Gericht soll ein Sachverständigengutachten die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt klären. Denn Garbe bestreitet wirtschaftliche Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Kreditvergabe. Doch 2009 hatte Garbe im Gespräch mit dem Abendblatt bereits Probleme bei der Kreditgewährung eingeräumt und auf eigene Fondsgesellschaften verwiesen, um unabhängig von Banken zu sein. „Die Probleme der Gruppe sind erst 2010 offensichtlich geworden“, sagt Hocke. Ende 2010 beliefen sich die Forderungen aller Gläubiger, darunter acht Banken, gegenüber der Garbe Holding auf 280 Millionen Euro, wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegen. Die Fondsanleger wurden im Rahmen einer Sanierungsvereinbarung 2011 aufgefordert, auf 21,5 Millionen Euro zu verzichten, was sie schließlich auch taten. „Nur durch Zustimmung zur Sanierungsvereinbarung kann eine Insolvenz der Garbe Holding und damit ein fast vollständiger Ausfall der Forderungen der Garbe Logimac vermieden werden“, heißt es zur Begründung.

„Die Anleger folgen meist den Vorschlägen der Fondsgeschäftsführung, weil sie die tatsächliche Lage nur schwer einschätzen können“, sagt Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Sich gegen solche Vorschläge zu entscheiden, hätte auch das Eingeständnis zur Folge, dass das Investment falsch war.“

„Die Neuausrichtung war auch im Interesse der Anleger, um ihren Schaden zu minimieren“, sagt Hocke. „Die verantwortlichen Personen haben das Unternehmen verlassen, und auch Bernhard Garbe hat einen nennenswerten Beitrag zur Sanierung des Unternehmens geleistet.“ Nach Hockes Angaben wurde das zweite Darlehen an eine weitere Garbe-Gesellschaft vollständig zurückgezahlt. Von den 25 Millionen sollen 3,5 Millionen Euro bis 2014 an die Anleger zurückfließen. „Alle Erlöse aus dem alten Bereich, wie etwa dem Verkauf von Immobilien, werden den Gläubigern zugutekommen“, so Hocke. Da sie aber nur Forderungen ohne Sicherheiten haben, stehen sie ganz unten in der Gläubiger-Pyramide.

Neben der umstrittenen Kreditgewährung gibt es für die Anwälte noch weitere Ansatzpunkte, um Schadenersatz durchzusetzen. „Dazu gehören Fehler bei der Anlageberatung oder Fehler im Prospekt“, sagt Anwältin Petra Brockmann. Auch eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung kann helfen, die gesamte Anlage noch nach Jahren rückabzuwickeln. Doch selbst wenn einige Kläger Erfolg vor Gericht haben sollten, ist offen, ob die Garbe Logimac die Forderungen erfüllen könnte. Denn vom neuen, aufstrebenden Geschäft der GUN-Holding profitiert sie nicht mehr.