Für Haushalte mit Schwangeren oder Säuglingen ist der Test kostenlos. Betroffene können die Miete mindern

Altstadt. Der Grenzwert sinkt, aber das Problem wächst: Mit den neuen gesetzlichen Vorgaben für den Bleigehalt im Trinkwasser fragen sich viele Hamburger, was sie in den nächsten Wochen tun müssen. Vom 1. Dezember an liegt der Grenzwert laut Trinkwasserverordnung bei nur noch bei 10 Mikrogramm pro Liter. Der wird aber in Hamburg vielfach überschritten, weil es in Altbauten noch viele alte Bleirohre gibt, die viele Jahrzehnte lang als Installationsmaterial verwendet wurden. Der Einsatz von Bleirohren war weit verbreitet. Längst ist aber medizinisch erwiesen, dass das giftige Schwermetall vor allem das Gehirn von Säuglingen und Kindern schädigen kann. Eine Analyse der Stiftung Warentest von 2004 ergab, dass der damals geltende Grenzwert von 25 Mikrogramm pro Liter bei mehr als zehn Prozent der Wasserproben überschritten wurde. Viele der betroffenen Haushalte verzichten inzwischen auf den Genuss von Trinkwasser aus der Leitung. Sie konsumieren statt dessen Mineralwasser.

In den nächsten Wochen sollten sich Mieter und Eigentümer erst einmal auf den neuesten Stand bringen. Weil nach Angaben von Rico Schmidt, Sprecher der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Blei als Installationsmaterial nur bis circa 1970 verwendet wurde, dürften neuere Bauten davon nicht betroffen sein. Die Gesundheitsbehörde empfiehlt zunächst einen „Selbsttest“ der Wasserleitung. Und zwar so: „Da Blei ein weiches Material ist, können Sie freiliegende Leitungen als Bleileitungen erkennen. Diese lassen sich mit einem spitzen Gegenstand einritzen oder abschaben. Die silbergrauen Bleileitungen wurden wegen ihrer Biegsamkeit meist in geschwungenen Linien verlegt. Die Rohrenden sind ineinander geschoben und an dieser Stelle wulstig aufgeworfen.“

Wer ganz sicher gehen will, kann das gezapfte Trinkwasser aus Küche oder Bad beim Versorger Hamburg Wasser chemisch untersuchen lassen. Eine Blei-Analyse im Zentrallabor des Unternehmens kostet 20,23 Euro (Infos unter www.hamburgwasser.de). Für Haushalte, in denen Schwangere oder Säuglinge im Alter von bis zu einem Jahr wohnen, ist die Untersuchung bei Vorlage des Mutterpasses oder der Geburtsurkunde des Kindes kostenlos.

Weil Vermieter nach Angaben des Mietervereins nicht in der Pflicht stehen, über den neuen Grenzwert zu informieren, sollten die Mieter selbst aktiv werden. Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins, rät: „Mietern, die möglicherweise betroffen sein können, raten wir, den Vermieter unter Fristsetzung aufzufordern, eine Versicherung abzugeben, dass das gezapfte Trinkwasser den neuen Grenzwerten entspricht.“ Wenn sich die Vermieter aber weigerten, die Rohre auszutauschen, habe das rechtliche Konsequenzen. Chychla: „Sollten die Mieter weiter Wasser konsumieren müssen, das den neuen Grenznormen nicht entspricht, liegt ein strafrechtlich relevantes Verhalten vor.“ Nach einer angemessenen Fristsetzung hätten Mieter die Möglichkeit, eine Instandsetzungsklage einzureichen. „Auf jeden Fall aber haben sie das Recht, die Miete zu mindern“, betont Chychla.

Um sich vor Gesundheitsgefahren zu schützen, rät Dirk Petersen, Umweltberater in der Verbraucherzentrale, das Trinkwasser längere Zeit ablaufen zu lassen. Gerade wenn es länger in den Leitungen stand, beispielsweise über Nacht, sei der Bleigehalt besonders hoch. „Dieses Wasser sollte rund fünf Minuten lang ablaufen und nicht zum Essen und Trinken genutzt werden.“ Es eigne sich eher zum Blumengießen.