Stadt soll Gutachten veröffentlichen. Streit um angeblichen Preis von zwei Milliarden Euro

Hamburg. Gut zweieinhalb Wochen vor dem Volksentscheid über den Netzerückkauf geht die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ gerichtlich gegen die Stadt vor. Beim Verwaltungsgericht Hamburg haben die Initiatoren des Volksentscheids jetzt eine einstweilige Verfügung beantragt. Sie wollen erreichen, dass die Stadt die Bewertungsgutachten veröffentlicht, mit deren Hilfe der Preis festgelegt wurde, zu dem Hamburg 25,1 Prozent der Netze von Vattenfall und E.on erworben hat. Das Gericht kündigte an, bis Ende kommender Woche darüber zu entscheiden.

Der SPD-Senat von Olaf Scholz hatte für den Anteil an den Netzen rund 543 Millionen Euro bezahlt. Aus diesem Preis wird in der öffentlichen Diskussion stets hochgerechnet, dass das gesamte Hamburger Strom-, Gas- und Fernwärme-Netz mehr als zwei Milliarden Euro kosten würde. „Die Gutachten haben letztlich rechnerisch den vermeintlichen Kaufpreis für die Energienetze ergeben, der von der Gegenseite massiv für eine Angstkampagne genutzt wird“, sagte der Sprecher der Initiative, Manfred Braasch. „Wir hoffen auf eine Veröffentlichung noch vor dem Volksentscheid. Dies brächte Klarheit in die Kaufpreisdiskussion.“

Wie berichtet, hatte die Volksinitiative bereits im Oktober 2012 einen Antrag nach dem damals gerade inkraftgetretenen Transparenzgesetz gestellt, damit die Unterlagen öffentlich gemacht werden. „Insbesondere bei der Fernwärme ist nicht klar, wie der hohe Preis eigentlich zustande gekommen ist“, argumentiert die Initiative. „So wurde ein noch nicht einmal genehmigtes Kraftwerk einbezogen und möglicherweise ein zu hoher Ansatz bei der Ertragsprognose aus dem Stromverkauf angesetzt.“

Ende Juli 2013 kam die Ablehnung von der Finanzbehörde. Sowohl E.on als auch Vattenfall hätten eine Veröffentlichung der Bewertungsgutachten und anderer Anlagen zu den Verträgen „strikt“ abgelehnt, so die Behörde. Das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Unternehmen überwiege das Informationsinteresse erheblich. Bei der Abwägung habe man zudem berücksichtigen müssen, „dass die maßgeblichen Informationen zum Anteilserwerb bereits umfänglich vom Senat veröffentlicht wurden“, so die Finanzbehörde. Die in den Bewertungsgutachten berücksichtigten „sensiblen unternehmensinternen Daten“, in denen Informationen etwa zu Arbeitnehmern, Vergütungen, Rechtsstreitigkeiten und Investitionsplanungen enthalten seien, könnten nicht veröffentlicht werden. Andernfalls würde dies „den Unternehmen im Wettbewerb erhebliche Nachteile verursachen“.

„Unser Hamburg – unser Netz“ will die Einschätzung, dass es sich um sensible Firmendaten handle, nicht teilen. Die Strom- und Gasnetze seien Monopole, aber auch bei der Fernwärme habe Vattenfall eine monopolartige Stellung, argumentieren die Initiatoren. „Genau für diesen Fall sieht das Transparenzgesetz vor, dass das öffentliche Interesse überwiegen muss.“

Das Verwaltungsgericht will den Fall schnell prüfen. „Wir haben die Stadt aufgefordert, uns die betreffenden Akten bis zum kommenden Montag zur Verfügung zu stellen“, sagte Gerichtssprecherin Anne Groß. Finanzbehörden-Sprecher Daniel Stricker betonte, dass die Abgeordneten der Bürgerschaft bereits Einsicht in die Unterlagen nehmen konnten.