Fast jedes zweite Hamburger Unternehmen im Groß- und Außenhandel leidet unter Staus

Hamburg. Norddeutschlands Wirtschaft gerät ins Stocken. Angesichts zunehmender Staus in der Metropolregion schlägt jetzt die Wirtschaft Alarm. Groß- und Außenhändler warnten am Montag vor einem Kollaps der Infrastruktur im Norden. Einer dem Abendblatt vorliegenden Umfrage ihres Unternehmensverbands AGA zufolge sind 43 Prozent der Betriebe direkt von den aktuellen Verkehrsbehinderungen betroffen. Zudem beklagen zwölf Prozent der befragten 1000 Unternehmen Behinderungen aufgrund von Streiks an den norddeutschen Schleusen.

Hintergrund sind die seit Monaten auftretenden langen Staus auf den Bundesautobahnen rund um die Metropolregion Hamburg. Zuletzt war die Dauerbaustelle an der Rader Hochbrücke, die bei Rendsburg über den Nord-Ostsee-Kanal führt, in die Schlagzeilen geraten. Am vergangenen Wochenende staute sich an dieser Stelle auf der Autobahn 7 der Verkehr in Richtung Norden zeitweise auf 21 Kilometern. Unter der Woche sind vor allem die Zufahrten zum Hamburger Hafen verstopft.

Für die Unternehmen bedeuten Verkehrsprobleme vor allem höhere Kosten. So sei der Verbrauch von Diesel gestiegen, ergab die Umfrage des Verbandes. Zudem hätten die Unternehmen mit kostspieligen Verspätungen und fehlender Planungssicherheit bei der Bearbeitung von Aufträgen zu kämpfen. „Die Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals sind marode, und die Rader Hochbrücke ist für Lkw nicht zu befahren“, sagte AGA-Präsident Hans Fabian Kruse dem Abendblatt. Jetzt lähmten auch noch Streiks die Verkehrswege. „So wird der Wirtschaft im Norden ihre Arbeitsgrundlage entzogen.“

Der Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure, Kurt-Jürgen Schimmelpfeng, bezeichnet die Zustände auf den Straßen gar als „imageschädigend“. Zwar sei es zu begrüßen, dass die Rader Hochbrücke endlich saniert werde. „Aber die Umleitung darf nicht zur Lahmlegung des Wirtschaftsverkehrs führen“, so Schimmelpfeng.

Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) befürchtet, dass der Kollaps bereits im kommenden Jahr eintritt, wenn es auf der A7 und der A 1 zeitgleich zu größeren Baustellen kommt.

Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) verwies auf die Notwendigkeit intakter Verkehrswege für Hamburg als eine der bedeutendsten Industrieregionen im Norden. „Eine intakte Verkehrsinfrastruktur ist heute eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft“, sagte Horch dem Abendblatt.

Die Küstenländer würden in den Anstrengungen, beim Bund für die erforderliche Unterstützung zur Sanierung ihrer Autobahnen und Brücken zu werben, nicht nachlassen, sagte Horch. Zudem müssten Baumaßnahmen über die Ländergrenzen hinweg vernünftig koordiniert werden. Hamburgs Senat stelle zudem jetzt mehr Geld zur Verfügung. „Wir werden mit großer Intensität bauen.“

Für den Unternehmensverband Hafen Hamburg klingt das fast wie eine Drohung: „Eines muss klar sein – auf den Hauptverkehrssträngen A7 und A1 dürfen nur abwechselnd Baustellen eingerichtet sein, nicht wieder zeitgleich“, sagte Verbands-Präsident Gunther Bonz.