Kammer hofft, so Umweltschäden in Gewässern vermeiden zu können, die durch Entsorgung in Toiletten entstehen. Analysen hatten erhebliche Belastungen der Alster-Zuflüsse mit Medikamenten-Wirkstoffen ergeben.

Hamburg. Mit Besorgnis haben Verbraucherschützer und Apothekerkammer auf die erstmals vorgelegten Daten über die relativ hohe Belastung von Hamburger Gewässern mit Medikamenten-Rückständen reagiert (das Abendblatt berichtete). „Wir sehen das nicht unkritisch“, sagte Kai-Peter Siemsen, Präsident der Hamburger Apothekerkammer. Verbraucherschützerin Silke Schwartau von der Hamburger Verbraucherzentrale sagte, dass eine Reihe von Stoffen Umweltschäden auslösen kann. „Aber wir wissen darüber noch zu wenig. Der Verbraucherschutz in diesem Bereich steckt noch in den Kinderschuhen.“

Um die Schäden zu begrenzen, fordern die Hamburger Verbraucherschützer jetzt verbindliche Grenzwerte. Bislang gibt es sie lediglich für Pflanzenschutzmittel. „Wir brauchen aber auch Summen-Grenzwerte für Medikamenten-Rückstände in Gewässern.“ Sie sollten bei 0,1 Mikrogramm/Liter im Jahresdurchschnitt liegen. Die Verbraucherschützerin bittet den Hamburger Senat, in dieser Sache eine Bundesratsinitiative zu starten.

Als Quelle für die Gewässer-Verunreinigungen mit Schmerzmitteln, Betablockern oder Antibiotika macht die Apothekerkammer die Patienten selbst verantwortlich. Sie entsorgten häufig ihre Medikamente über die Toilette. Außerdem gelangten die Rückstände durch die biologische Ausscheidung in die Flüsse. „Von einer unsachgemäßen Entsorgung über den Hausmüll gehen wir nicht aus, da in Hamburg die Arzneimittel über den Siedlungsmüll entsorgt werden. Und der wird verbrannt und bei hoher Hitze zerstört“, sagt Christian Hoffmann, stellvertretender Geschäftsführer der Apothekenkammer. Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung, bestätigte auf Abendblatt-Anfrage, dass Medikamente, die legal in den grauen Hausmülltonnen entsorgt werden, zu 100 Prozent in die Verbrennungsanlage kommen. Sie landen zunächst im Müllbunker und werden danach bei einer Temperatur von 1000 Grad Celsius verbrannt. „Die Schlacke enthält dann keinerlei Medikamenten-Rückstände mehr“, betont er. Die Verbrennungsprodukte aus dem Hausmüll dienen am Ende als Ersatzstoffe, zum Beispiel im Straßenbau. Auch Fiedler macht die Verbraucher für das Problem verantwortlich, die ihre Medikamente unsachgemäß in die Toiletten kippen.

Unterdessen unternimmt die Hamburger Apothekerkammer einen neuen Vorstoß für ein einheitliches Rücknahmesystem durch die Apotheken. Denn gerade die unkontrollierte Entsorgung über die graue Hausmülltonne berge Gefahren für Kinder, aber auch für Tiere. Apothekerkammer-Präsident Siemsen sagte am Montag dem Abendblatt: „Allein aus Gründen der Arzneimittelsicherheit würden es die Hamburger Apotheker begrüßen, wenn es unter diesen neuen Gesichtspunkten eine neue Gesprächsbereitschaft mit der Umweltbehörde über das bewährte und kostengünstige damalige Entsorgungssystem geben würde.“ Eine geregelte Entsorgung über die Apotheken war vor einigen Jahren zunächst gescheitert. „Die Abgabe und auch die Entsorgung gehört in unsere Hände“, sagt Siemsen. „Wir würden es deshalb begrüßen, wenn wieder das altbewährte, kostengünstige und apothekenspezifische Rücknahmesystem eingerichtet wird.“

Analysen des Instituts für Hygiene und Umwelt hatten erhebliche Belastungen der Alster-Zuflüsse mit Medikamenten-Wirkstoffen ergeben. Dazu zählen auch Röntgenkontrastmittel. Vielfach wurden die Qualitätsnormen der EU-Kommission häufig überschritten.