Neustadt. Andere Menschen, vor allem Frauen, hinters Licht zu führen und salbungsvolle Geschichten über sich selbst zu erfinden – darin war Frank W. ganz groß. Mal erzählte er seinen Opfern, die er über Single-Portale im Internet kennenlernte, er habe als Soldat Massengräber in Srebrenica bewacht, mal gab er die (Schauer-)Mär von seiner Frau und seinem Kind zum Besten, die angeblich bei einem Autounfall ihr Leben lassen mussten.

Eine ähnliche Lügengeschichte tischte Frank W., der sich seit Mitte Juli wegen Vergewaltigung einer 58-Jährigen in Alsterdorf vor dem Landgericht verantworten muss, offenbar auch seiner Ex-Partnerin Birgit P. auf. Sie wurde am Donnerstag als Zeugin vernommen. „Er erzählte mir, dass er sieben Jahre in einem Kloster gelebt hat, bevor er dort rausgemobbt wurde“, sagt Birgit P.

Tatsächlich hat Frank W. einen großen Teil seines Lebens hinter Gittern verbracht. Seit Mitte Juli steht er vor dem Landgericht, weil er am 15. September 2012 eine 58-jährige Frau aus Alsterdorf vergewaltigt und ausgeraubt hat. Die Taten hat der 46-Jährige bereits zum Prozessauftakt gestanden: „Ich war selbst über mich erschüttert.“

Frank W., der einst die Obdachlosenzeitung „Hinz&Kunzt“ in Winterhude verkaufte, hatte Birgit P. nach dem üblichen Muster im Juli 2012 kennengelernt: Er schrieb sie auf einer Single-Plattform an. „Er war intelligent, humorvoll und sensibel“, sagt Birgit P. Das habe seine Zuschrift von vielen anderen unterschieden. Mit ihm habe sie dann eine „positive und harmonische Beziehung“ geführt.

Von seiner Vergangenheit habe sie nichts geahnt. Am 9. September sei sie mit einer Freundin in den Urlaub nach Österreich gefahren, sechs Tage vor dem Überfall auf die Frau in Alsterdorf. Als Birgit P. zurückkehrte, war Frank W. verschwunden – mit ihrem Smart und 400 Euro aus ihrem Safe. Sie habe ihn daraufhin bei der Polizei angezeigt.

Frank W. war nach monatelanger Flucht Ende Januar während einer Pilgerreise auf dem Jakobsweg aufgespürt und festgenommen worden. Seit Anfang Februar befindet er sich in Hamburg in U-Haft. Ein Urteil wird nicht vor dem 12. August erwartet.