Die Hamburger Baumarktkette Max Bahr folgt ihrem Mutterkonzern Praktiker in die Insolvenz. Tausende Beschäftigte bangen um ihre Zukunft. Die Läden werden weiter betrieben.

Hamburg. Betrübte Gesichter am Freitag bei der Praktiker-Tochter Max Bahr. Viele der Hamburger Mitarbeiter haben gerade erst durch die Medien erfahren, dass ihr Unternehmen bereits am Donnerstagabend wie auch schon zuvor der Mutterkonzern zahlungsunfähig ist. „Wir fühlen uns alle wie vor den Kopf gestoßen, der Plan von Praktiker, Max Bahr aus der Insolvenz herauszuhalten, ist kläglich gescheitert“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ulli Kruse. Jetzt hofft er auf einen schnellen Verkauf „an einen Investor, der gute Absichten hat und Max Bahr nicht ausschlachten will“.

Derweil soll der Geschäftsbetrieb in den 78 Max-Bahr-Filialen und den weiteren bereits 54 auf die gelbblaue Marke umgerüsteten Praktiker-Filialen trotz der Insolvenz weitergehen. Max Bahr habe noch ein komplettes Sortiment, sagte Kruse. „Unsere Läden sind noch verkaufsfähig.“ Eigentlich hätte Max Bahr von der Insolvenz verschont bleiben sollen. Doch dann hat plötzlich der französische Warenkreditversicherer Coface, der seinen Deutschlandsitz in Mainz hat, die Reißleine gezogen und die Vorfinanzierung der Lieferanten eingestellt. „Eine zuverlässige Warenversorgung der Max-Bahr-Märkte ist damit nicht mehr gewährleistet“, erklärte Praktiker.

Für den ehemaligen Handelskammer-Präses und Unternehmer Peter Möhrle dürfte die Insolvenz von Max Bahr ein schwerer Schlag sein. Möhrle hatte 1956 die ehemalige Hamburger Holzhandlung Max Bahr übernommen und den kleinen Betrieb zu einer der fünf größten Baumarktketten Deutschlands aufgerüstet. Er hat viel Geld investiert und damit sogar ermöglicht, dass die meisten Standorte auf eigenem Grund errichtet werden konnten. Im Jahr 2004 aber zog sich die Familie Möhrle aus dem Unternehmen zurück. „Wir waren damals zu klein, um uns gegen die großen Wettbewerber behaupten zu können“, sagt Möhrle. Ein Verkauf seiner Filialen an Praktiker schien ihm schließlich die beste Lösung.

Doch da hatte sich der erfolgreiche Investor Möhrle kräftig geirrt. „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“, wie es in Werbeoffensiven von Praktiker immer mal wieder hieß, passte nicht zu solidem hanseatischen Kaufmannstum. Das im Sortiment wesentlich höherwertige Unternehmen Max Bahr geriet im Sog des Billigheimers Praktiker in die Krise – obwohl das Unternehmen über Jahre profitabel war.

Nach der Insolvenz von Max Bahr dürfte die Suche nach Investoren für den Gesamtkonzern mit rund 20.000 Mitarbeitern, davon mehr als 3700 bei Max Bahr, noch schwieriger werden. Auch der Plan von Hedgefonds, wenigstens bis zu 200 Baumärkte über einen Tausch von Schulden in Eigenkapital zu retten, ist nun hinfällig. Denn jetzt wird nur noch der vorläufige Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder von der Kanzlei Johlke Niethammer & Partner bei Max Bahr das Sagen haben. Er ist allerdings nur für den Betrieb der 78 echten Max-Bahr-Märkte zuständig. Die 132 deutschen Märkte gehören zu zwei getrennten Gesellschaften, die an unterschiedliche Banken verpfändet sind: eine für die angestammten 78 Märkte, eine zweite für die rund 50 Märkte, die früher als Praktiker firmierten, in den vergangenen Monaten aber in Max-Bahr-Baumärkte umgebaut wurden. Für die umfirmierten Märkte ist Praktiker-Insolvenzverwalter Christopher Seagon verantwortlich. „Max Bahr ist eine starke Marke und hat einen guten Ruf am Markt“, sagte Schröder. Er ist daher sehr zuversichtlich, positive Lösungen für alle Beteiligten, insbesondere die Beschäftigten, zu finden.

„Das ist ein schlechtes Zeichen für die Gläubiger der Anleihe, weil Praktiker ohne Max Bahr praktisch keine werthaltigen Unternehmensteile mehr hat“, sagte Ingo Scholz, der Vertreter der von Hedgefonds angeführten Inhaber der 250 Millionen Euro schweren Anleihe, die an Praktiker floss, um das Unternehmen wieder besser aufzustellen. „Die Chancen für unseren Plan sind damit marginal geworden. Aber wir versuchen, aus dem gleichen Kreis eine Investorengruppe auf die Beine zu stellen.“ Die Praktiker-Aktie fiel auf zwölf Cent, die Anleihe stürzte um 22 Prozent auf zehn Cent.

Die Gewerkschaft Ver.di bangt um die Arbeitsplätze bei Max Bahr. „Eine Zerschlagung des Hamburger Konzerns muss unbedingt verhindert werden“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Freitag. Ver.di setzt darauf, dass noch mehr Praktiker-Märkte in Max Bahr „umgeflaggt“ werden könnten. „Auch Warenkreditversicherer, Banken, Lieferanten und Vermieter müssen Verantwortung für die Arbeitsplätze und Existenzen der rund 20.000 Beschäftigten bei Max Bahr und Praktiker übernehmen“, forderte Nutzenberger in Hamburg.

Es sei skandalös, dass ein einzelner Warenkreditversicherer aus kurzfristigem Profitinteresse die Fortführung des Unternehmens gefährde, obwohl Max Bahr durchaus eine wirtschaftliche Perspektive gegeben wird. Das weckt den Verdacht, dass es diesem Unternehmen nur um kurzfristiges Profitinteresse geht.“ Ein Coface-Sprecher wollte sich zum konkreten Fall nicht äußern. „Aber wir sehen uns grundsätzlich nicht als Auslöser für eine Insolvenz.“ Euler Hermes war bei Max Bahr der größte Versicherer, Coface mit zwölf Millionen Euro der kleinste.