Hamburger Supermarktkette soll Lieferanten nach Übernahme des Discounters Plus Hochzeitsrabatte abgepresst haben. Abmahnung wird für Edeka aber keine direkten, wirtschaftlichen Konsequenzen haben.

Hamburg. Der Zeitpunkt für die Razzia war denkbar ungünstig. Eigentlich wollte Edeka-Chef Markus Mosa auf seiner jährlichen Bilanz-Pressekonferenz den weiteren Wachstumskurs von Deutschlands größter Supermarktkette darstellen. Wieder einmal war das Hamburger Unternehmen dabei, seine führende Position im deutschen Lebensmittelhandel auszubauen. Eine Expansion, die nicht zuletzt mit der spektakulären Übernahme des Konkurrenten Plus mit seinen mehreren Tausend Filialen zusammenhing.

Doch vor der Präsentation der guten Zahlen stand an diesem Frühlingstag im Jahr 2009 zunächst einmal ein Trupp des Bundeskartellamts am Empfang der Edeka-Zentrale in der City Nord und verlangte die Herausgabe von zahlreichen Unterlagen. Kurz gesagt ging es um den Vorwurf, die Kette habe ihre Marktmacht missbraucht, um Lieferanten und Markenartiklern unmäßig hohe Preisnachlässe abzupressen.

Gut vier Jahre später haben die Wettbewerbshüter die Prüfung des Falls nun weitgehend abgeschlossen und ihren damaligen Verdacht bestätigt gefunden. Am Mittwoch mahnte das Bundeskartellamt Edeka wegen der Bonusforderungen an die Lieferanten ab. Bei der Übernahme des Discounters Plus habe das Unternehmen sogenannte „Hochzeitsrabatte“ ohne entsprechende Gegenleistungen eingefordert.

Nach Erkenntnissen der Behörde verlangte Edeka Sonderkonditionen von rund 500 Lieferanten sowie direkte Zahlungen von Geldbeträgen, die mal als „Synergiebonus“, „Partnerschaftsvergütung“ oder „Sortimentserweiterungsbonus“ bezeichnet wurden. Nach Informationen dieser Zeitung existierten bei Edeka sogar Strategiepapiere, die darauf hinausliefen, sich die durchaus kostspielige Übernahme von Plus quasi durch die Lieferanten finanzieren zu lassen.

„Wir gehen derzeit davon aus, dass dieses Vorgehen missbräuchlich war“, erklärte der Präsident der Behörde, Andreas Mundt. „Harte Verhandlungen zwischen Händlern und Herstellern sind im Lebensmitteleinzelhandel üblich und trotz der starken Marktposition der wenigen großen Händler kartellrechtlich zunächst nicht zu beanstanden“, so der Kartellamtschef weiter. In diesem Fall aber habe Edeka die Grenze überschritten und die eigene Nachfragemacht missbräuchlich ausgenutzt. Die Forderungen seien zum Teil rückwirkend und ohne Gegenleistung gestellt worden. „Mit wirtschaftlich abhängigen Lieferanten muss ein marktmächtiges Unternehmen fairer umgehen“, sagte Mundt.

Trotz dieser deutlichen Worte wird die Abmahnung für Edeka aber keine direkten, wirtschaftlichen Konsequenzen haben. Das Unternehmen habe nicht mit einem Bußgeld zu rechnen, da es im Rahmen des Verfahrens vor allem darum gehe, eine entsprechende Verhaltensweise für die Zukunft zu unterbinden, erklärte ein Sprecher des Kartellamts. Die abschließende Entscheidung der Behörde solle grundsätzliche Bedeutung für die Branche haben. Zudem sei ein Missbrauch der Nachfragemacht grundsätzlich als nicht so gravierend zu bewerten wie etwa eine konkrete Preisabsprache mit Wettbewerbern.

Edeka hat nun bis zum 20. September Zeit, eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abzugeben. Am Mittwoch wollte sich ein Unternehmenssprecher mit Hinweis auf das nach wie vor laufende Verfahren zunächst einmal nicht äußern.

Der Markenverband, der das Verfahren ursprünglich durch eine Beschwerde ins Rollen gebracht hatte, begrüßte das Vorgehen der Behörde. Man sehe sich in der Einschätzung bestätigt, dass Edeka mit den Konditionsforderungen im Zuge der Plus-Übernahme „deutlich über das Ziel hinausgeschossen sei“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Christian Köhler. Dies solle ein klarer Hinweis an den Handel sein, bei Verhandlungen den Bogen generell nicht zu überspannen.

Grundsätzlich ist die Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Laut Kartellamt teilen sich die vier großen Ketten Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz (Lidl, Kaufland) mittlerweile rund 85 Prozent des Markts untereinander auf.

Mit einem Nettoumsatz von zuletzt weit über 40 Milliarden Euro pro Jahr liegt Edeka unangefochten auf Rang eins. Die Erlöse der Hamburger speisen sich dabei nicht nur aus den eigentlichen Edeka-Märkten, sondern auch aus der Tochtergesellschaft Netto Marken-Discount, in die die von Tengelmann übernommenen Plus-Märkte schon vor Jahren integriert wurden.