Genossenschaft will mit Erbpachtvertrag die sanierten Gebäude übernehmen. Auch die Band Fettes Brot ist dabei

Hamburg. Das Gängeviertel in der Hamburger Neustadt hat prominente Unterstützer gefunden. Künstler, Kulturschaffende und ehemalige Politiker haben Anteile an einer Genossenschaft erworben, die das historische Quartier – letzte Reste des Arbeiterviertels aus dem 19. Jahrhundert – einmal übernehmen will. Unter den Käufern der Geschäftsanteile sind die Musiker von Fettes Brot, Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter, Konzert-Veranstalter Karsten Jahnke und der ehemalige Kulturstaatsrat Gert Hinnerk Behlmer. „Ohne das Gängeviertel wäre Hamburg keine Weltstadt“, sagte Schriftsteller Gunter Gerlach, der die Aktion unterstützt. Hamburg müsse auch „Kultur von unten aushalten“. 2009 war das Gängeviertel von Künstlern friedlich besetzt worden.

Die Genossenschaftsanteile kosten pro Stück 500 Euro. Wie viele Anteile die Prominenten zeichneten, ist nicht bekannt. „Das können wir aus Datenschutzgründen nicht sagen“, erklärte Bildhauerin Claudia Pigors vom Vorstand der Genossenschaft. Anteile gekauft haben auch Abaton-Gründer Werner Grassmann, Architekt und Michel-Restaurator Joachim Reinig und die Singer-Songwriterin Meike Schrader. 369.000 Euro kamen bisher zusammen. Zwei Millionen sollen es mindestens werden, so Pigors zum Abendblatt.

Die Genossenschaft kämpft dafür, unmittelbar nach der Sanierung der Häuser deren Verwaltung zu übernehmen und per Erbpacht dann Eigentümer zu werden. „Damit soll sichergestellt werden, dass das Gängeviertel auch nach der Sanierung ein die Stadt bereichernder, öffentlicher Ort bleibt und dauerhaft vor Immobilienspekulation geschützt ist“, sagte Gängeviertel-Sprecherin Christine Ebeling.

Mit weiteren Prominenten, wie der Schauspielerin Pheline Roggan und den Kabarettisten Studio Braun, geht das Gängeviertel in eine große Kampagne mit Plakaten, Postkarten, Flyern und Online-Aktionen.

Auf den Plakaten wirbt zum Beispiel Fettes Brot mit dem Zitat: „Wir sind Kulturgenossen, weil schwule Mädchen Platz zum Durchdrehen brauchen.“ Damit soll nicht nur Geldgeber gewonnen, sondern auch eine Art „Charme-Offensive“ gestartet werden. Denn derzeit scheint die Stadt Hamburg nicht bereit, der Genossenschaft das Gängeviertel zu übergeben.

„Wir haben keine Planungssicherheit“, beklagt sich Sprecherin Christine Ebeling. So wisse die Initiative nicht, wie hoch die Gewerbemieten nach der Sanierung sein sollen. Ebeling: „Die SPD hat das Gängeviertel nicht verstanden, es droht zu einem Wohnprojekt zu verkommen.“

Nach langem Ringen schloss die Stadt 2011 mit der Initiative einen Kooperationsvertrag. Für 20 Millionen Euro sollen die Häuser in den nächsten acht Jahren saniert werden. Der Baubeginn ist für den 15. September geplant.