Gemeinsame Firma von E.on Hanse und der Stadt versorgt 230.000 Kunden in Hamburg. Wärmeeinspeisung soll liberalisiert werden. Das Hamburger Gasnetz ist mit 7300 Kilometern viel länger als das Wärmenetz.

Hamburg. Kaum gegründet, will das neue Unternehmen Hamburg Netz 120 Millionen Euro in das Wärme- und Gasnetz der Stadt investieren. „Wir wollen unter anderem das Hamburger Wärmenetz für Dritte öffnen, wie etwa für Blockheizkraftwerke von Unternehmen, die überschüssige Wärme in unser Netz speisen können“, sagt Udo Bottländer, einer der beiden Geschäftsführer von Hamburg Netz. An der neuen Firma ist die Stadt mit 25,1 Prozent beteiligt, der Rest liegt bei E.on Hanse. Unter anderem soll es künftig Eurogate, Mercedes und dem Hafen oder auch solarthermischen Anlagen ermöglicht werden, Wärme in das 800 Kilometer lange Netz einzuspeisen. Die Zahl der Anschlüsse an das Fernwärmenetz soll damit unter anderem um 20 Prozent auf 74.000 steigen. Dazu werden insgesamt 180 Blockheizkraftwerke neu angeschlossen. Auch Windstrom, der in Zukunft zu Gas umgewandelt werden soll, könnte in das Netz geleitet werden.

Ein wenig Eigenwerbung dürfte bei der Pressekonferenz mitgespielt haben. Denn in rund sechs Wochen findet der Volksentscheid zum Rückkauf der städtischen Netze statt. Eine Volksinitiative will erreichen, dass Hamburg sämtliche Netze von E.on Hanse und Vattenfall zurückkauft. Das würde die Stadt rund zwei Milliarden Euro kosten. Die Befürworter der Initiative argumentieren damit, dass dann Hamburg das Sagen über die Netze habe, und dadurch unter anderem mehr Ökostrom ins Netz käme. Der Senat hingegen gibt sich mit 25,1 Prozent Beteiligung an den Netzen zufrieden.

Das Hamburger Gasnetz ist mit 7300 Kilometern viel länger als das Wärmenetz. Es umfasst 150.000 Anschlussstellen und versorgt 230.000 Kunden. Auch an ihm hält die Stadt 25,1 Prozent. Zwar fällt in der Hansestadt laut Klaus Kinzinger, Geschäftsbereichsleiter von Hamburg Netz, statistisch nur 30 Sekunden im Jahr das Gas aus, während es bundesweit zwei Minuten sind. Aber dennoch haben die rund 300 Mitarbeiter des Netzbereichs alle Hände voll zu tun. „Ich werde im Schnitt einmal die Woche nachts angerufen, weil es möglicherweise Fehler im Gasnetz gibt“, sagt Ennin Dauti, der eigentlich Ausbilder in der Azubi-Werkstatt des Unternehmens ist. Er ist für Harburg zuständig. Nachts fährt er los, wenn ein Mieter oder Hausbesitzer glaubt, dass seine Gasleitung defekt ist. „Meist ist nichts dran. Oft werden schlechte Gerüche für Gas gehalten“, sagt er. Die Nachtdienste bekommt er übrigens extra bezahlt.

Die meisten Schäden entstehen durch unvorsichtige Baggerfahrer

„Wir haben im Jahr rund 1000 Einsätze, die meistens harmlos sind. Einmal roch die Mülltonne schlecht, der Hausbesitzer fürchtete, es sei Gas ausgetreten“, sagt Gerd Herne, Projektleiter Versorgungsanlagen, dessen Team ständig mit einem der 100 Autos von E.on Hanse Netz unterwegs ist. „Spätestens eine halbe Stunde nach Meldung des vermeintlichen Schadens sind wir vor Ort“, so Herne. Doch es gibt auch gefährlichere Situationen, etwa wenn ein Bagger aus Versehen eine Gasleitung trifft, wie am 6. Dezember 2012 geschehen. Eine Baufirma hatte eine Hochdruck-Erdgasleitung beschädigt, die parallel zur Bahnstrecke verlief. Der Bahnverkehr musste gestoppt werden, die ICE, die nach Süddeutschland fahren wollten, mussten am Dammtor stehen bleiben. Züge, die vom Süden kamen, fuhren nur bis Harburg. Erst drei Stunden später war die Leitung repariert. „Natürlich ist das ärgerlich“, sagt Bottländer. „Zumal jeder Interessierte unsere Leitungspläne einsehen kann.“

Bei schweren Schädigungen, etwa von einer der vier Druckregel- und Messanlagen, müssen Hernes Experten ausrücken. Etwa wenn eine Anlage ausfällt. Diese Stationen sind dafür verantwortlich, dass Gas, das meist mit hohem Druck durch das Bundesgebiet geleitet wird, in Hamburg für Haushalte in nutzbares Gas mit niedrigem Druck umgewandelt wird. Bei einem Schaden kommt ein mobiles Einsatzkommando mit Gerätschaft, mit welcher man einen neuen Druckregler für die Anlage bauen kann. „Diesen Service bieten wir auch anderen Stadtwerken im Norden an“, sagt Bottländer. Die Investitionen für die mobilen Anlagen seien hoch. „Selbst in Berlin waren wir schon aktiv“, sagt Herne. Um auch in Hamburg weiter Nachwuchs zu haben, bildet Hamburg Netz rund 210 Auszubildende in acht Berufen aus. Über Partnerschaften mit Schulen kommen jedes Jahr auch drei Schüler, die nur schwer einen Ausbildungsplatz finden, über ein Praktikum zu dem Unternehmen. „Inzwischen machen zwei dieser Schulgesandten sogar die Meisterlehre.“ In vier Wochen kommen die nächsten Praktikanten.