2012 gingen die Zulassungszahlen in Hamburg zurück. Das Interesse an dem mobilen Hobby scheint jedoch ungebrochen. Neue Führerscheinregelung soll nun die Wende bringen.

Hamburg. Für den Rocksänger Peter Maffay hat das Jahr 2013 gut begonnen. Bei Harley-Davidson Nord in Hamburg holte der inzwischen 63-Jährige jetzt seine neue Maschine, eine Softail Deluxe, für mehr als 25.000 Euro ab. Dann mischte er sich zur ersten Fahrt unter die 200 Teilnehmer der 19. Harley Trophy, einer Ausfahrt, die in Bergstedt endete. Schon seit Jahrzehnten sind für ihn die Kultmotorräder erste Wahl. „Maffay ist bei uns ein guter Freund des Hauses“, sagt Harley-Prokurist Volker Stan. Seine Verbundenheit zu der US-Marke machte der Sänger auch dadurch deutlich, dass er für über zwei Jahre als Teilhaber bei dem Hamburger Händler einstieg.

Die Emotion spielt bei Harley-Davidson immer mit. Aber egal warum: „Seit Januar 1999, als unser Handel eröffnet wurde, geht es bergauf“, versichert Stan. „In diesem Jahr wollen wir die Verkäufe um zehn Prozent auf 360 bis 380 Maschinen steigern.“ Als Topwert sei sogar der Absatz von 400 Motorrädern möglich. Schon während des Winters ließen sich Kunden ihre Zweiräder für den April reservieren. Das neue Modell Breakout, gerade erst vorgestellt, ist schon wieder ausverkauft. Wer jetzt bestellt, wird auf das Modell für 2014 verwiesen.

Optimistisch für 2013 sind auch die BMW-Händler und der nach eigenen Angaben größte Hamburger Honda-Händler Petrick. Beide Marken sind neben den Amerikanern die Marktführer in der Hansestadt. Die Bayern als Nummer eins haben schon in den ersten vier Monaten das gute Ergebnis aus 2012 um knapp 13 Prozent auf 115 Verkäufe gesteigert. Dagegen legte der gesamte Hamburger Markt nach ihren Berechnungen nur um 1,7 Prozent zu. Petrick verkaufte 2012 rund 15 Prozent oder 45 Maschinen mehr. Das gute Ergebnis von mehr als 200 Fahrzeugen soll in diesem Jahr gefestigt werden.

Damit sind die drei Hamburger Marktführer von der Flaute 2012 offensichtlich verschont geblieben. Tatsächlich aber gingen die Zulassungen in Hamburg um 7,55 Prozent zurück. Zum Vergleich: Bundesweit gab es ein leichtes Plus von 0,47 Prozent auf 127.680 Motorräder und Roller mit mehr als 50 Kubikzentimetern Hubraum. Damit steigen die Zulassungen im zweiten Jahr nacheinander, wenn auch nur leicht. Zuvor musste der Industrie-Verband Motorrad (IVM), der fast alle Hersteller und Importeure in Deutschland vertritt, über neun Jahre sinkende oder bestenfalls stagnierende Verkäufe registrieren. „Für eine Analyse über 2013 ist es noch sehr früh. Aber das Jahr könnte sich bundesweit etwa wie 2012 entwickeln“, sagt IVM-Sprecher Achim Marten. Ein Risiko bleibt das Wetter. Bis in den April hinein haben niedrige Temperaturen den Saisonbeginn verzögert. „Wenn jetzt gleich hochsommerliche Temperaturen folgen, finden das viele Fahrer erneut nicht angenehm, weil sie unter der schweren Schutzkleidung schwitzen“, weiß Marten.

Das Interesse an dem mobilen Hobby scheint jedoch ungebrochen. So hat der Hamburger Detlev Louis Motorradvertrieb, Nummer eins in Europa, nach einem Umsatzplus von 20 Prozent 2011 im vergangenen Jahr das Topergebnis halten können und sieht sich auch 2013 auf Kurs. „Das Geschäft in den 73 deutschen und österreichischen Läden macht uns Freude“, sagt Geschäftsführer Nico Frey. „Derzeit liegen wir beim Erlös knapp über dem Vorjahr.“ Es sei aber auch denkbar, in den kommenden fünf bis sechs Jahren weitere 25 Läden in Deutschland zu eröffnen, so Frey.

Bei BMW will Elmar Kleuter, der Leiter des BMW Motorrad Zentrums Hamburg, nun den Ende April erreichten Marktanteil von mehr als 20 Prozent auch bis zum Jahresende festigen. Dafür steht seit März der 125 PS starke Nachfolger des Bestsellers R 1200 GS bereit. Er ist das seit Jahren meistverkaufte Modell in Deutschland.

Japanische Marken dürften dagegen von der Währungspolitik ihrer Regierung profitieren, die ihre Finanzpolitik auf einen niedrigen Yen-Kurs ausgerichtet hat. Der ermöglicht Exporteuren wie den Motorradherstellern günstig im Ausland anzubieten. „Honda profitiert ohnehin davon, dass die Motorräder um zehn Prozent günstiger sind als europäische Modelle“, sagt Gregor Petrick, der Inhaber von Honda Petrick. Allein das will er aber nicht als Kaufargument stehen lassen: „Wir sehen uns auch technisch als einen der Innovationsführer“, sagt er. Ein Beispiel: Alle Modelle der Japaner mit mehr als 125 Kubikzentimeter Hubraum sind mit Antiblockiersystemen ausgestattet.

Honda hat sich zudem mit sechs Modellen in der neuen Klasse A2 engagiert, die jetzt bis zu einer Leistung von 48 PS reicht. Der Hintergrund: Hier könnten sich bald neue Absatzchancen bei Fahrern ergeben, die ihren Pkw-Führerschein vor dem 1. April 1980 erworben haben. Bisher konnten die heute über 50-Jährigen bisher nur Motorräder bis 125 Kubikzentimeter fahren, die kaum mehr als 100 km/h schaffen. Nach einer Führerscheinneuregelung gilt jetzt: Wer eine praktische Prüfung ablegt, kann auf die deutlich schnelleren 48-PS-Maschinen umsteigen. Das Potenzial ist groß. Allein in Hamburg sind derzeit fast 9200 Fahrzeuge mit 125 Kubikzentimetern angemeldet. Ein Großteil der Halter dürfte zu den Einsteigern gehören, die bislang nur den Pkw-Führerschein besitzen.

„Die neue Regelung wird Leben in diesen Bereich bringen“, ist Volker Stan von Harley-Davidson überzeugt. Bei den Amerikanern lassen sich Modelle bei Bedarf auf 48 PS drosseln. Das gilt auch für BMW, die zudem eine 650er Enduro mit der vorgegebenen Leistung im Angebot haben. Noch aber ist die Neuregelung vom 19. Januar offensichtlich zu wenig bekannt. „Möglicherweise wird es noch bis zum kommenden Jahr dauern, bis die Nachfrage hier deutlich anzieht“, sagt Honda-Händler Petrick. Die ersten Enthusiasten haben aber bereits Fahrstunden genommen und ihre Prüfung abgelegt. „Bei erfahrenen Fahrern, die viel mit ihren Leichtkrafträdern unterwegs waren“, versichert IVM-Sprecher Marten, „reicht mitunter eine einzige Übungsstunde.“