Am Wochenende laden 13 Hamburger in ihre grünen Oasen ein. Das Hamburger Abendblatt hat drei von ihnen vorab besucht.

Hamburg. Das war schon ihr Traum, als sie noch ein kleines Mädchen war: auf dem Garagendach sitzen und in den Garten gucken. Inzwischen hat sich Elke Mielke diesen Traum erfüllt. Als sie vor sieben Jahren in ihr Elternhaus in Niendorf zurückzog, hat sie den Garten neu angelegt und eine Dachterrasse eingerichtet - auf der Garage. Da sitzt die Kommunikationsberaterin nach Feierabend nun unterm Sonnenschirm, umgeben von blühendem Sedum, in das sich Schnittlauch, Oregano und das knallig orangefarbene Habichtskraut ausgesät haben, und betrachtet die Gartenräume ihrer rund 1000 Quadratmeter großen Oase von oben. Am Wochenende können auch Besucher mitgucken - denn Elke Mielke nimmt teil an der Aktion "Offener Garten".

Eine ihrer Attraktionen ist eine große Kräuterspirale. "Vor Jahren habe ich im Abendblatt von einer Kräuterspirale gelesen", sagt Mielke. "Ich habe mir ein Gartenbuch gekauft und in einem Anfall von Größenwahn einen Kreis von 3,5 Metern Durchmesser gezogen." Von allen Nachbarn sammelte sie Schutt, von Feldrändern kopfgroße Steine für die ansteigende Spirale. "Ich habe auch die Erde nach Vorschrift gemischt aus Sand, Mutterboden und Kompost. Jeden Abend hatte ich Rückenschmerzen." Der Kraftakt hat sich gelohnt. In Mielkes Garten gibt es nur wenige schattenspendende Obstbäume, deshalb ist er ideal für sonnenhungrige Kräuter. Über Thymian, Ysop, Zitronenmelisse und Bergbohnenkraut summen Bienen und Hummeln, dicke lila Blütenkugeln des Allium schaukeln dazwischen, Lilien, duftende Verbenen und die großen Blätter des Guten Heinrich; die langen Triebe kann man wie Spargel zubereiten.

Besucher können bei Mielke viele kleine Hingucker entdecken. Vor einer dekorativen Säule hängt ihre alte Kinderschaukel. Für wen ist die? "Für mich!", sagt sie, lacht und schaukelt los.

Garten Mielke: geöffnet 15. u. 16. 6., 10-18 Uhr, Wendlohstr. 142, 22459 Hamburg, vmelkemielke@aol.com

Während Mielkes Garten in Sonne badet, gilt für Ellen Kruses Garten in Volksdorf das Gegenteil: Er liegt zum größten Teil im Schatten alter hoher Bäume. "Selbst der sonnigste Teil ist nur geeignet für Halbschattenpflanzen", sagt die ehemalige Lehrerin beim Kaffee auf der Terrasse. "Aber dafür haben wir eine große Vielfalt an Vogelarten. Und Fledermäuse!" Sie habe sich einen Naturgarten gewünscht, sagt sie, als sie und ihr Mann vor 22 Jahren herzogen und das 50er-Jahre-Haus modern umbauten. Zuerst habe sie lange nur Giersch gestochen, alles war verwildert. Um die 1000 Quadratmeter umzugestalten, holte sich Ellen Kruse die Hilfe einer Gartenarchitektin. Die Idee mit dem Teich hatte sie selbst. Groß und verwunschen liegt er zwischen hohen Gräsern, Iris und Pestwurz, auf dem Wasser flockt ein bisschen Entengrütze, am Rand machen sich Blutweiderich und Mädesüß blühbereit. Im sonnigeren Gemüseteil ihres Gartens wachsen Pfingstrosen, Allium, Baldrian, Kornblumen und viel Akelei. Besser als Zuchtrosen gedeihen Wildarten. Für Ellen Kruse ist ihr Garten eine Art lebendiges Energiereservoir. Schon lange beschäftigt sie sich mit Geomantie, einer ursprünglich aus Nordafrika stammenden Erfahrungslehre, die auf das Erspüren von Energieverläufen in der Natur zielt. "Im Garten sind etliche Wasseradern, das lässt sich am Wachstum von manchen Baumstämmen erkennen", sagt sie. Und die Kraftfelder ihres Gartens kennt sie ganz genau. Eines liegt hinterm Teich, in einer unscheinbaren Ecke. Aber es scheint zu wirken.

Garten Kruse: geöffnet 16.6., 10-17 Uhr, Wietreie 61, 22359 Hamburg, ew.Kruse@t-online.de

Ein sehr spezielles Garteninteresse hatte der Hamburger Gartenarchitekt Gustav Lüttge (1909-1968), der unter anderem den Hamburger Alsterpark anlegte. Im Frühjahr 1958 gestaltete er in Lokstedt einen eigenen Privatgarten. In der Nachmittagssonne leuchten vor einer violett blühenden Gruppe weiße oder rosafarbene Rhododendron-Tupfer in verschwenderischer Fülle.

Rhododendron-Liebhaber Lüttge, der Kontakt zu bekannten Züchtern wie Dietrich Hobbie und den Gebrüdern Erich und Wilhelm Bruns hatte, war fasziniert von neuen Sorten. Dafür stellte die Stadt Hamburg ihm damals neben seinem Grundstück für 30 Jahre einen Teil der "Amsinck'schen Reitwiese" zur Verfügung, rund 12.000 Quadratmeter. Hobbie lieferte rund 100 Jungpflanzen, und Lüttge begann auch selbst zu züchten. Nach seinem Tod allerdings verfiel das Ganze.

Als Susanne Gressmann-McHardy 1985 in das Haus zog, "lag der Garten in einem Dornröschenschlaf", sagt sie. Neugierige gingen aus und ein, der Zaun war kaputt, anonyme Blumenliebhaber gruben sogar Pflanzen aus. 2004 gründeten die heutigen Bewohner des Hauses und Garteninteressierte den Verein "Freunde des Lüttge-Gartens in Hamburg-Lockstedt e. V.", der die Anlage restaurieren und mehr als 170 teilweise seltene Rhododendronarten erhalten will. Inzwischen wurden mit Hilfe freiwilliger Helfer und Ein-Euro-Jobber alte Wege, Lüttge-typische niedrige Beetmauern und Nischen freigelegt. "Wir haben den Bestand erfasst und dokumentiert", sagt der Vorsitzende Erich Clef-Prahm. Lüttge hatte Gartenpläne angefertigt, auf denen er die Standorte der Sorten eintrug. Manche sind verschwunden, "andere haben wir von der Firma Bruns nachzüchten lassen", fügt Nachbar Friedrich Krotz hinzu. Die meisten Sorten sind beschriftet.

Lüttge hatte ein Auge für Farben und bettete sie dekorativ zwischen immergrüne Bäume und Sträucher. Neben zwei Sitzplätzen reichen weiße Rhodendronblüten bis zum Rasen. Und ganz hinten, auf einem Beet, wächst eine ganz altmodische Sorte in Altrosa: der Rhododendron "Gustav Lüttge", den Dietrich Gerhard Hobbie 1971 herausbrachte. Der Verein führt gerne durch diesen kleinen Park - hier gibt es viel zu entdecken.

Lüttge-Garten: geöffnet am 21. Juni ab 19 Uhr, mit Musik von einem Flöten-Duo und einer Ausstellung (Eintritt frei). Liethwisch 1, 22529 Hamburg, www.luettge-garten-hh.de

Aktion Offener Garten 2013: Am Sonnabend, 15. und Sonntag, 16. Juni, öffnen bundesweit 249 Privatgärten ihre Pforten für Besucher, in Hamburg sind es 13. Die genauen Adressen und Beschreibungen der unterschiedlichen Gärten finden sich in dem Führer "Offener Garten" - weitere Informationen im Internet unter www.offenergarten.de .