Neue Schnelltrasse für Güterzüge jetzt doch nicht durch Scharbeutz und Timmendorf?

Timmendorfer Strand. Die Bahn ist nun doch bereit, die Ostseebäder vom Transit-Zugverkehr zu entlasten. Bahnchef Rüdiger Grube sagte am Mittwoch bei einem Besuch in Timmendorfer Strand: "Wir wollen die bestmögliche Lösung für die Hinterlandanbindung der Fehmarnbeltquerung. Deshalb werden wir zusätzlich die 2-plus-1-Variante ins Raumordnungsverfahren aufnehmen."

Um diese Variante hatten die Ostseebäder lange gekämpft. Sie bedeutet: Die Bäderbahnlinie bleibt für den Nahverkehr bestehen, der mit dem Bau des Belttunnels zunehmende Fernverkehr wird über ein neues Doppelgleis geführt. Es soll im Wesentlichen entlang der A 1 verlaufen. Ostholsteins Landrat Reinhard Sager sagte: "Ich begrüße das sehr. Das ist ein wichtiger Schritt, den die Bahn bislang nicht hat gehen wollen." Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte: "Ich bin der Bahn sehr dankbar."

88 Kilometer lang ist die Strecke zwischen Lübeck und Puttgarden auf der Insel Fehmarn. Sie ist eingleisig, eine Elektrifizierung fehlt. So kann es nicht bleiben, wenn der Fehmarnbelttunnel fertig ist. 2022 soll das Bauwerk, das Dänemark mit Schleswig-Holstein verbindet, eröffnet werden. Der Verkehr wird dann deutlich zunehmen. Seit Jahren plant die Bahn deshalb den Ausbau der Strecke. Die idyllische Bäderbahn, die teilweise recht dicht am Strand entlangfährt, sollte schneller und leistungsfähiger werden: zwei Gleise, Elektrifizierung. Hier und da wollte die Bahn Ortsumgehungen bauen. Dennoch: In Sierksdorf, Haffkrug, Scharbeutz und Timmendorfer Strand befürchtete man, dass der zunehmende Verkehr auf dieser europäischen Transitstrecke die Touristen vergraulen könnte. Beim derzeit laufenden Raumordnungsverfahren gingen 8300 Einwendungen empörter Bürger ein.

Ein Widerstand, der offenbar gewirkt hat. Bahnchef Grube hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Problem beschäftigt und viele Gespräche geführt. Am Mittwoch fuhren er und die betroffenen Bürgermeister per Zug die Strecke ab. "Wir können nicht immer nur von Bürgerbeteiligung reden, wir müssen sie auch machen", sagte er. Und der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), der Grube bei seinem Timmendorf-Besuch begleitete, ergänzte: "2 plus 1 ist ein großer Schritt nach vorn."

Ob diese Variante tatsächlich gebaut wird, bleibt dennoch offen. Der Bau einer ganz neuen Trasse entlang der Autobahn plus Erhalt der alten Bäderbahn wird vermutlich 200 bis 300 Millionen Euro mehr kosten als die ursprüngliche Lösung, der Ausbau der Bäderbahntrasse. Die Bahn will alle Planungsunterlagen bis Ende Juli der Landesplanungsbehörde übergeben. Die prüft sie - und entscheidet, für welche Variante das Planfeststellungsverfahren eröffnet wird.

Der von Dänemark finanzierte Belttunnel wird etwa 5,5 Milliarden Euro kosten, die Hinterlandanbindung wohl rund 1,2 Milliarden Euro. Für die einfache Fahrt durch den Tunnel müssen vermutlich 54 Euro pro Pkw bezahlt werden.