Die generelle Mietenbegrenzung ist eine Frage sozialdemokratischer Glaubwürdigkeit

Es ist eine Entscheidung von erfrischender Eindeutigkeit: Der Hamburger SPD-Senat will die Kappungsgrenze bei Bestandsmieten flächendeckend von 20 auf 15 Prozent senken. Das heißt: Mieterhöhungen dürfen diese Marke innerhalb von drei Jahren in allen Stadtteilen künftig nicht mehr übersteigen. Das ist konsequent und eine gute Nachricht für alle Mieter.

Der Hamburger Wohnungsmarkt zählt zu den angespanntesten, um nicht zu sagen umkämpftesten in der Republik. Den Beleg liefern nicht nur die langen Schlangen Wohnungs-suchender vor den wenigen auf dem Markt angebotenen Unterkünften. Die jüngste Volkszählung, bezogen auf das Jahr 2011, hat Hamburg als eine der Städte mit der niedrigsten Leerstandsquote ermittelt: 1,6 Prozent. Aktuellere Erhebungen kommen sogar auf eine Quote von nur 0,7 Prozent.

Der Vorzug der generellen Kappungsgrenze liegt auf der Hand: Dieser ordnungspolitische Eingriff verhindert, dass sich die Mietpreisentwicklung allzu stark von der allgemeinen Teuerungsrate abkoppelt. Wäre die neue Bremse auf einzelne Quartiere wie die besonders angesagten Stadtteile Eppendorf oder Winterhude beschränkt, könnte es schnell zu einer Verdrängung in andere Bereiche der Stadt kommen, was eine Nachsteuerung nötig machen würde.

Ganz freiwillig handelte der SPD-Senat jedoch nicht. Schon frühzeitig hatte die SPD-Bürgerschaftsfraktion in diesem Fall öffentlich Druck gemacht, nachdem ausgerechnet die schwarz-gelbe Bundesregierung die Kappungsgrenze im Bundesrecht verankert und den Weg grundsätzlich eröffnet hatte. Teile des Senats warfen einen durchaus sorgenvollen Blick auf die Wohnungswirtschaft, die die Absenkung der Kappungsgrenze scharf kritisiert. Die SPD ist auf die großen Wohnungsbauunternehmen angewiesen, wenn das ehrgeizige Programm von 6000 Wohnungsneubauten jährlich, das Bürgermeister Olaf Scholz ausgerufen hat, doch noch einmal Realität werden soll. Andererseits: Wer wollte ernsthaft bestreiten, dass sich in einer Stadt, in der drei Viertel aller Wohnungen vermietet werden, auf diesem Sektor der Immobilienwirtschaft auch mit neuer Kappungsgrenze gute Geschäfte machen lassen?

Die Mietpreis-Bremse hat zudem eine sozialpolitische Dimension, die nicht außer Acht geraten darf. In Hamburg ist in den vergangenen Jahren rund ein Drittel der 150.000 Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung gefallen. Der Bestand wird sich noch einmal um ein Drittel bis 2020 verringern. Es sind in erster Linie diese Mieter mit ihren geringen Einkommen, die von der neuen Kappungsgrenze profitieren.

Preisgünstiger Wohnraum in ausreichendem Maße ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in einer städtischen Agglomeration von erheblicher Bedeutung. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt im Griff zu behalten ist daher gerade in Hamburg ein wesentlicher Erfolgsgarant für gute Stadtpolitik. Diese Erkenntnis hatte übrigens auch der frühere Bürgermeister Ole von Beust, CDU. Er erteilte allen Versuchen auch aus den eigenen Reihen, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga zu verkaufen, eine deutliche Absage. Für die SPD, eigentlich die traditionelle Mieterpartei, geht es also durchaus um eine Frage der Glaubwürdigkeit. Das scheint letztlich auch der Senat erkannt zu haben. Trotzdem wirken die Sozialdemokraten ein wenig als Getriebene, wenn ihnen schon die christdemokratische Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesem Punkt vorauseilt.

Aber das rührt bereits an das grundsätzliche Dilemma der Sozialdemokraten in diesem Bundestagswahlkampf: Ihre klassischen Positionen - dazu zählt auch der flächendeckende Mindestlohn - greifen andere auf, vorzugsweise Angela Merkel und die CDU.