Pröpstin und Hauptpastorin Ulrike Murmann

Wenn es in meinem Alltag so richtig "drunter- und drübergeht", dann sehne ich mich nach einem Ort der Stille. Und ich tue gut daran, diese Sehnsucht nicht allzu lang zu ignorieren, sondern die Arbeit zu unterbrechen, zum Beispiel mit einem Spaziergang im Wald. Im Gehen kann ich die Dinge hinter mir lassen, die ich loswerden möchte. Oder ich setze mich auf eine Bank am See. Im Wasser spiegeln sich die Wolken des Himmels. Sie ziehen vorbei, und ich gebe ihnen meine Gedanken mit auf ihren Weg, um meinen Kopf freizubekommen. Oder ich suche eine Kirche auf und erlebe das als eine heilsame Unterbrechung. Der kühle, hohe Raum nimmt mich auf und verbreitet eine Ruhe, die mir hilft, innezuhalten und durchzuatmen. Das entspannt und hilft mir, mich neu zu ordnen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Es lenkt den Blick auf Gott, der mir tragen hilft und mich von dem entlastet, was mich beschwert und innerlich so unruhig macht.

Wie findet man einen Ausgleich zwischen dem lauten, manchmal hektischen, reizüberfluteten Arbeitsalltag und jener Ruhe, die unsere Seele braucht, um all das zu verarbeiten? Wann gönnen wir einander Pausen, besetzen Ruhebänkchen, nehmen uns Auszeiten? Welches ist der rechte Rhythmus für unser Leben?

Die Bibel hat dazu eine sehr klare Empfehlung: An sechs Tagen darfst du arbeiten, am siebten Tag sollst du aufhören zu arbeiten. Dies wird sogar von Gott berichtet, der nach biblischer Legende in sechs Tagen die Welt erschuf, aber am siebten Tag von seinen Werken ausruhte. An dieser Ruhe lässt er uns teilhaben und schenkt uns so immer wieder neue Kraft. Im dritten Gebot wird daran erinnert. Eigentlich erstaunlich, dass dieses alte Gebot bis heute geachtet wird, und der Sonntag durch das Grundgesetz als Feiertag geschützt ist. Auch wenn in einer modernen Gesellschaft unzählige Menschen arbeiten müssen, damit andere ihren freien Sonntag haben, ist das Bewusstsein für das hohe Gut eines gemeinsamen Feiertags weit verbreitet. Ob wir arbeiten müssen oder nicht, ohne Sonntage geht es nicht. Albert Schweitzer hat einmal gesagt: Wenn deine Seele keinen Sonntag hat, verdorrt sie.

murmann@katharinen-hamburg.de