"Jetzo, da ich ausgewachsen ...

Glaub ich an den heil'gen Geist ...

Dieser tut die größten Wunder

Und viel größere tut er noch."

Die einfachen Verse rühren mich, von Heinrich Heine, dem Hamburg immer verbunden bleibt, einem leidenschaftlichen, genialen Menschen, geboren im jüdischen Glauben, dem getauften Christenmenschen, einem Mann des Geistes.

In der Tat, die Wirklichkeit, die wir in den Sprachen der Welt mit dem Namen "Geist" benennen, ist von unerhörter Macht. Sie scheint im Menschen auf: in seinen Fähigkeiten und Begabungen, in seiner wunderbaren, einzigartigen Eigenschaft, sich als Persönlichkeit zu erfahren und sich anderen in Liebe und Treue zu öffnen. Wir wollen den Geist in einem sinnvollen Ganzen des Kosmos entdecken. Dies zu sehen und zu entwickeln macht uns Ehre. Aber Geist keimt auch immer wieder als Ungeist auf: zerstörerisch und allem Guten zuwider. Menschen verfallen ihm, dienen sich mit ihrer Intelligenz den Mächten des Bösen an - bis hinein in Situationen unseres alltäglichen Lebens.

Dem Heiligen Geist zu glauben, lädt Heine ein. Christen wie Juden setzen darauf: Gott, unendlich machtvoller als alle Kräfte der Verneinung, ist Heiliger Geist. Gott, der Geist, "schwebt" als lebenstiftende Macht über dem Chaos des Anfangs, sagt die Bibel in ihren ersten Sätzen. Und mit Jesus Christus wird der Heilige Geist besonders wirksam, um das Angesicht unserer Erde zu erneuern.

Das Pfingstfest hält diese Gewissheit wach, feiert sie. Der Heilige Geist will in uns aufleuchten: uns ermutigen, befreien, trösten, als die Kraft, die unsere Kreativität weckt, unsere bleibende Schönheit garantiert. Der Geist ist die Seele der Kirche in ihrer Vielfalt und Einigkeit. Er lässt sie nicht los, so sehr sie auch unter ihrer Fehlerhaftigkeit leidet und Menschen enttäuscht. Ein Wort von Jesus ist mir besonders wichtig: "Der Geist weht, wo er will", souverän und frei, von keinem zu pachten. Mit Heinrich Heine will ich Sie alle einladen, ausgewachsene Menschen zu sein und den Wundern Raum zu geben, die noch auf uns warten. Heines auf dem Rathausmarkt wiedererrichtetes Denkmal - der deutsche Naziungeist hatte es zerstört - will diesen großen Geist unter uns lebendig halten.

wbjaschke@egv-erzbistum-hh.de