Die Buxtehuder Familie Sommerfeld arbeitet im Hamburger Süden trotz Schifffahrtskrise erfolgreich. Repariert wird im Grunde alles, was irgendwie schwimmt, Tanker ebenso wie Segelschiffe.

Hamburg. An seinen Urlaub Anfang des vergangenen Jahres erinnert sich Simon Sommerfeld nur ungern. Ein Freund hatte ihn am Nachmittag des 2. Januar angerufen und besorgt gefragt, ob da möglicherweise die Jöhnk Werft im Harburger Binnenhafen brenne. Simon Sommerfeld stürzte daraufhin sofort zum Fenster seiner Dachgeschosswohnung in Harburg und erblickte tatsächlich eine etwa 100 Meter hohe, schwarze Rauchsäule - in der "richtigen" Richtung. "Doch zwei rasche Telefonate später wich der erste Schreck der Gewissheit, dass nicht die Werft in Flammen stand, sondern ein Kautschuklager an der Nartenstraße", erinnert er sich.

Für den 30-Jährigen ist die traditionsreiche, Ende März 1933 gegründete Werft weit mehr als nur ein Arbeitsplatz. Seit sein Vater Rudolf, 67, das insgesamt 4480 Quadratmeter große Gelände am Lotsestieg 2006 übernahm, ist die Werft unter der Leitung des Juniors zum zweiten wichtigen Standbein des Familienunternehmens geworden. Und hat die mageren Jahre, in denen eine Pleite auf die andere folgte, längst hinter sich gelassen.

Dass es die Sommerfelds, die eigentlich im niedersächsischen Buxtehude zu Hause sind, nach Harburg verschlagen hat, verdanken sie ihrer ständig wachsenden Binnenschiffsflotte. Begonnen hatte alles 1991 mit drei kleinen Schiffen. "Eigentlich war's damals eher ein Hobby als ein Geschäft", sagt Rudolf Sommerfeld.

Jahrzehntelang war Sommerfeld Senior als Schiffsbetriebstechniker durch die Welt gereist. Für den Motorenbauer MTU, der seinerzeit noch zu Daimler-Benz gehörte, hatte er Schiffsantriebe gecheckt, vornehmlich im Fernen Osten. Doch irgendwann packte ihn und Ehefrau Dorothea, 56, die ihn viele Jahre begleitete, das Heimweh. Da traf es sich gut, dass der kleine Nebenverdienst zu Hause ausgesprochen gut lief und sich rasanter entwickelte als gedacht. So machte sich Rudolf Sommerfeld selbstständig und gründete seine eigene Reederei.

Aktuell gehören zum BKS-Binnenschiffahrtskontor Sommerfeld 27 Schiffe, zumeist Frachter mit einer Kapazität zwischen 800 und 3200 Tonnen. "Damit sind wir die größte eignergeführte Binnenschiffsreederei Deutschlands", sagt Clemens Sommerfeld, 27, der dieses Geschäftsfeld nach dem Abschluss seines Masters im Management von Familienunternehmen in Friedrichshafen übernehmen soll. Und dann Chef von 60 Kapitänen und Matrosen, sowie acht Bürokaufleuten sein wird.

Transportiert werde alles, was sich gut und schnell verschiffen lässt. Dazu zählen Getreide, Futtermittel, Baustoffe, Kohle, Düngemittel, Zellstoff. Aber auch große Konstruktionsteile, die auf dem Wasser problemloser bewegt werden können als zu Lande. "Inzwischen transportieren wir pro Jahr im Schnitt 2,2 Millionen Tonnen, das kann sich schon sehen lassen", so Clemens Sommerfeld.

Nun müssen Schiffe aber auch mal zur Wartung und Reparatur ins Dock. Was bei so einer großen Flotte mit erheblichen Kosten verbunden ist. Deshalb entschloss sich Rudolf Sommerfeld im Jahr 2006 zur Übernahme der insolventen Jöhnk Werft: "Der Standort ist einfach ideal. Und das Risiko blieb letztlich überschaubar, da die Auslastung schon durch die eigenen Schiffe gesichert war."

Heute liegt deren Anteil am Werftumsatz nur noch bei 30 Prozent. Inzwischen verzeichnet der mittelständische Sommerfeld-Betrieb mit seinen 25 Schiffbauern, Schweißern und Elektrikern pro Monat 250 Reparaturvorgänge und sorgt allein für rund 40 Schleusenbewegungen im Binnenhafen. "Es brauchte einige Zeit, bis wir einen Namen auf der Landkarte hatten. Doch dann bekam die ganze Sache eine Eigendynamik", sagt Betriebsleiter Simon Sommerfeld.

Repariert wird im Grunde alles, was irgendwie schwimmt, Tanker ebenso wie Segelschiffe. Der russische Eisbrecher "Sheksna" war schon da, aber auch der unter der Flagge Zyperns fahrende, 127 Meter lange Containerfrachter "Emstor". Es gibt langfristige Verträge mit der bekannten Hamburger Reederei Abicht und eine enge Kooperation mit der Traditionswerft Blohm + Voss. Zuletzt beteiligte sich die Jöhnk Werft sogar an einem Pilotprojekt für schwimmende Häuser und übernahm dabei die Stahlbauarbeiten an den Pontons.

Das Erfolgsgeheimnis beider Geschäftsfelder beschreibt Seniorchef Rudolf Sommerfeld so: "Wir sind einfach nur konservativ - das Geld wird erst ausgegeben, wenn wir es tatsächlich auch verdient haben."

Die neue Blüte der Jöhnk Werft wissen jedenfalls auch die Nachbarn zu schätzen. So hat die Hamburger Sparkasse unlängst angefragt, ob sie nicht auf der 86 Meter langen Dockwand für sich werben könne. Und natürlich schaut regelmäßig der weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannte Hafenbarde Gunter Gabriel ("Hey Boss, ich brauch mehr Geld" ) vorbei, dessen Hausboot gleich um die Ecke der Werft ankert. "Ich denke, das zeigt, dass wir im Binnenhafen nicht nur angekommen, sondern auch angenommen sind", sagt Simon Sommerfeld. Für den der große Brand nebenan vom Januar 2012 nur mehr eine Episode am Rande ist.