Nach den Sommerferien gibt es 60 weitere Grundschulen in Hamburg. Doch für die ganztägige Betreuung der Grundschüler fehlen Fachkräfte. Senator räumt Schwierigkeiten ein.

Hamburg. Wenn nach den Sommerferien weitere 60 Grundschulen in Hamburg an den Start gehen und damit rund 190 Grundschulen ganztägige Bildung und Betreuung anbieten, stehen womöglich nicht genügend Erzieher für die Nachmittags- und Anschlussbetreuung bereit. Grund ist der Fachkräftemangel, der es den Kooperationspartnern der Schulen zunehmend schwierig macht, ausreichend viele Pädagogen zu finden.

Mit großen Hinweistafeln im Eingangsbereich an der Bundesstraße versucht der Eimsbütteler Turnverband (ETV) auf seine Arbeit in der Kinder- und Jugendförderung aufmerksam zu machen und dafür genügend Personal zu finden: Sonderpädagogen, Sozialpädagogen und Erzieher werden dringend gesucht. Bis zu 60 Pädagogen fehlen noch, um ausreichend Personal für die Nachmittagsbetreuung an drei weiteren Schulstandorten nach den Ferien zu haben. Der ETV ist einer von bislang sechs Sportvereinen, die als Träger die ganztägige Bildung und Betreuung an Grundschulen organisieren. 253 Kinder betreut der Verein bereits an der Grundschule Döhrnstraße, im neuen Schuljahr kommen die Grundschulen Kielortallee, Tornquiststraße und Turmweg hinzu. Außerdem sorgt der Sportverein für die Ferienbetreuung an der Löwenstraße. "Wir führen täglich zwei Bewerbungsgespräche. Es ist nicht einfach, Personal zu finden", sagt Frank Fechner, ETV-Geschäftsführer. Panik verspüre er noch nicht. "Wir haben ja noch etwas Zeit."

Die Arbeitsmarktlage sei angespannt, sagt Christian Böhme vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Dies zeige sich zum Beispiel daran, dass noch vor wenigen Jahren auf jede Stellenausschreibung im Kita-Bereich mindestens 30 Bewerbungen eingingen, heute seien es im Schnitt nur noch drei. "Der Kampf um gute Kräfte nimmt deutlich zu." Er sieht große Probleme auf die Ganztagsschulen zukommen: "Wenn im Sommer weitere Schulen an den Start gehen, müssen bis zu 1000 Stellen besetzt werden. Wie dies so kurzfristig gelingen kann, ist unklar." Böhme befürchtet, dass dies die Umsetzung der Ganztagsschulreform gefährden könne.

"In den kommenden zwei Jahren haben wir es schwer, genügend Erzieher zu finden", sagt auch Schulsenator Ties Rabe, SPD.

Rainer Barthel, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes, kann Engpässe in der Nachmittagsbetreuung nicht ausschließen. Derzeit übernimmt das DRK an sechs Schulstandorten die Nachmittags-, Anschluss- oder Ferienbetreuung, vom neuen Schuljahr an werden sieben weitere Schulen hinzukommen. Die nötigen zusätzlichen 35 Pädagogenstellen sind nur zur Hälfte besetzt - 18 Stellen sind noch frei. Barthel: "Bewerbungsgespräche laufen, daher sind wir optimistisch." Sollten doch nicht genügend Erzieher eingestellt werden können, werde das DRK auf Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen. "Es gibt mittlerweile einen Erziehermarkt, der dort angesiedelt ist." Eine Dauerlösung sei das aber nicht. Und auch in dem Bereich komme es bereits zu Engpässen. Der Fachkräftemangel unter Erziehern sei eben groß.

Und das obwohl die Fachbehörden das Problem im Blick haben und nach eigenen Angaben alles tun, um diese Lücke weiter zu schließen. So hat die Stadt die Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen erhöht. Im laufenden Jahr werden es knapp 600 Absolventen sein, im Jahr 2014 etwa 700 und in den anschließenden Jahren jeweils 775. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, die Ausbildungszeit zu verkürzen, sozialpädagogische Assistenten können berufsbegleitend die Erzieherausbildung absolvieren. Die Hamburger Fachschulen für Sozialpädagogik verzeichnen einen deutlichen Anstieg der Schülerzahlen um mehr als 40 Prozent. Im Sommer soll eine weitere Fachschule eröffnet werden. Christian Böhme vom Paritätischen bleibt pessimistisch: "Gemeinsam haben wir zwar viel bewegt, aber es wird wohl nicht reichen."