Angela Merkel und Uno-Repräsentantin Helen Clark machen sich für eine nachhaltigere Politik stark. Thema: die Schöpfung in der globalisierten Welt.

City . Die ersten Worte der Kanzlerin erinnerten ein bisschen an die langen Debatten im Bundestag. "Es ist besser, wenn nur einer spricht", sagte sie bei ihrem Kirchentagsauftritt in der Messehalle B 5, als nebenan eine Lautsprecherstimme stärker zu hören war als ihre.

Doch die akustische Störung dauerte nicht lange, und so konnte Angela Merkel vor 7000 aufmerksamen Kirchentagsgästen über ein Thema sprechen, bei dem der Wahlkampf naturgemäß außen vor bleibt: die Schöpfung in der globalisierten Welt. Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen aus dem Artikel 1 des Grundgesetzes gelte für alle Menschen auf der Welt, sagte Angela Merkel gleich zu Beginn. "Und sie gilt für die Generationen nach uns."

Danach nahm die mächtigste Frau Deutschlands auf dem Podium Platz neben einer der mächtigsten Frauen der Vereinten Nationen. Mit großem Applaus hatten kurz zuvor die Kirchentagsgäste Helen Clark begrüßt. Sie ist die Leiterin der Entwicklungsprogramme der Vereinten Nationen und verfügt über einen Etat von elf Milliarden Euro pro Jahr. Die Botschaft der früheren neuseeländischen Premierministerin: "Wir müssen den einzigen Planeten, den wir haben, schützen."

Während vier Pfadfinder die ersten grauen Mülltonnen von der "Müllinsel" abholten und durch die Messehallen rollten, kamen die beiden Weltpolitikerinnen auf die Millenniums-Entwicklungsziele der Uno zu sprechen. Bis zum Jahr 2015 sehen diese unter anderem die Reduzierung von extremer Armut und Hunger vor. Noch immer werden aber, so die Prognosen, eine Milliarde Menschen auf der Welt weniger als 1,25 Dollar pro Tag zur Verfügung haben und in bitterer Armut leben. "Wir werden es also nicht schaffen, alle Millenniums-Ziele zu erreichen", betonte die Kanzlerin. "Aber wir sollten schon jetzt an weiteren Zielen arbeiten." Künftig müssten Entwicklung und Nachhaltigkeit eng miteinander verknüpft werden.

Längst, fügte Helen Clark hinzu, genügt es nicht mehr, den Lebensstandard auf der Basis des Bruttoinlandsprodukts zu definieren. "Künftig müssten dazu auch Umwelt, Gleichberechtigung und Gleichstellung dazugehören."

Um das Publikum bei solchen schweren Themen in Stimmung zu bringen, trat zwischendurch die Gruppe Eileen Hamlet aus Hamburg auf. Die Kanzlerin lächelte, als sie dem Lied "Hamburger Straßen" mit diesem Text lauschte: "Lächeln. Versuch's mit einem Lächeln. Das kommt garantiert zurück."

Danach wurde es wieder ernst. Der Brand in einer Textilfabrik in Bangladesh forderte, wie jetzt bekannt wurde, mehr als 500 Tote. Die CDU-Politikerin äußerte ihr tiefes Bedauern und erklärte: "Wir müssen mehr Transparenz in der Produktion schaffen." Europa könne sich für genaue Herkunftsnachweise einsetzen. Wichtig sei auch, mit den Herkunftsländern zu diskutieren, wie sie ihre Arbeitsbedingungen gestalten wollten. Verbraucherschützer beklagen immer wieder, dass Textilien nicht mit der kompletten Herstellungskette gekennzeichnet sind. Helen Clark begrüßte die Äußerung Merkels. Käufer könnten dann sehen, wie ihre Kleidung entstanden sei. "Und Konsumenten haben Macht", so die Uno-Vertreterin.

Im letzten Teil der Podiumsdiskussion beantworteten die beiden Politikerinnen Fragen aus dem Publikum. Ein Gast wollte wissen, woher Deutschland sein Uran beziehe. "Ich kenne nicht die Herkunft unseres Urans", sagte die Kanzlerin. Nicht die Bundesregierung kauften das Uran, sondern die Betreiber der Kernkraftwerke. "Aber am Montag steht die Herkunft auf der Internetseite der Bundesregierung." Versprochen.