Das Hamburger Öl- und Gasförder-Unternehmen legt vor dem Verkauf durch seine Essener Konzernmutter eine starke Jahresbilanz vor.

Hamburg. Das Hamburger Unternehmen RWE Dea, das international Öl und Erdgas sucht und fördert, hat für das vergangene Jahr eine durchweg starke Geschäftsbilanz vorgelegt. Dem Essener Energiekonzern RWE kommt das sehr entgegen. Anfang März hatte RWE angekündigt, sein Tochterunternehmen zum Verkauf zu stellen, vor allem, um die Konzernschulden in Höhe von rund 33 Milliarden Euro zu senken.

Thomas Rappuhn, Chef von RWE Dea, kommentierte den Verkaufsprozess am Mittwoch bei der Vorlage der Jahreszahlen nicht. Dies sei Angelegenheit des Konzerns. Eine RWE-Sprecherin sagte dem Abendblatt, es gebe bei dem Thema derzeit noch keinen neuen Sachstand, der mitteilbar sei. Bereits im März hatte das in Kassel ansässige Unternehmen Wintershall, das zum Chemiekonzern BASF gehört, angekündigt, eine Übernahme von RWE Dea zu prüfen. Auch Wintershall sucht und fördert in Deutschland und in anderen Ländern Öl und Erdgas. Beiden Unternehmen gehört die einzige deutsche Offshore-Ölförderung, die Anlage Mittelplate im Wattenmeer vor Schleswig-Holstein. RWE Dea führt dort den Betrieb.

Sämtliche Umsatz- und Gewinnzahlen hat RWE Dea im vergangenen Jahr gesteigert, auch dank der anhaltend hohen Ölpreise an den internationalen Märkten. Der Vorsteuergewinn des Unternehmens stieg 2012 gegenüber 2011 um 39 Prozent auf 766 Millionen Euro. Der Umsatz überstieg den Wert des Vorjahres um fünf Prozent und erreichte zwei Milliarden Euro. RWE Dea beschäftigt 1375 Mitarbeiter, davon rund 650 in der Zentrale in der Hamburger City Nord.

Im internationalen Maßstab der Branche ist RWE Dea ein kleines, aber gleichwohl sehr ertragsstarkes Unternehmen. Seit Jahren steigert RWE Dea das Volumen seiner Öl- und Erdgasreserven. Mehr Öl und Gas neu zu erschließen, als man im Lauf der Zeit selbst fördert, gilt in der Branche als ein entscheidender Indikator für Erfolg und technologische Stärke. "Eine Ersetzungsquote von mehr als 100 Prozent der jährlichen Förderung, und das über mehrere Jahre, ist ein Erfolg, den manche deutlich größeren Unternehmen unserer Branche nicht erreichen", sagte Rappuhn. Die regionalen Schwerpunkte des Unternehmens liegen in der Nordsee und in Nordafrika. Neue Projekte verfolgt RWE Dea auch im karibischen Trinidad und Tobago sowie im zentralasiatischen Turkmenistan.

Die Herkunft als deutsches Unternehmen sei dabei durchaus von Vorteil, sagte Rappuhn. Gerade in früheren Kolonialstaaten, die reich an Öl und Erdgas sind, werden etwa britische oder französische Energiekonzerne bis heute teils mit Misstrauen betrachtet. Unter anderem arbeitet RWE Dea in politisch schwierigen Staaten wie Algerien, Libyen und Ägypten. "Wir sind in den Förderstaaten willkommen", sagte Rappuhn, "weil wir unsere Zusagen einhalten, aber auch deshalb, weil wir mit Projekten wie Mittelplate als Spezialist für die Öl- und Erdgasförderung in ökologisch sensiblen Gebieten gelten."

Als Käufer für RWE Dea kommen nach Einschätzung von Marktexperten weniger die großen Öl- und Erdgasunternehmen wie BP, Shell oder Total infrage, sondern eher spezialisierte Dienstleistungsunternehmen aus der Branche. Oder aber Finanzinvestoren.

Ein multinationaler Energiekonzern, vergleichbar etwa der britischen BP, war in Deutschland aus vielen Gründen nie entstanden. Bei einer Übernahme von RWE Dea durch das größere Unternehmen Wintershall könnte nun aber ein deutsches Öl- und Gasförderunternehmen von internationalem Rang geformt werden. "Wintershall ist ein größeres, aber von der Ausrichtung her vergleichbares Unternehmen", sagte Rappuhn. Ebenso wie RWE Dea konzentriert sich auch Wintershall mittlerweile ganz auf die Suche und Förderung von Öl und Erdgas. Die regionalen Schwerpunkte des Unternehmens liegen ebenfalls in Nordeuropa und in den wirtschaftlich aufstrebenden Staaten Nordafrikas. Hinzu kommen bei Wintershall noch Förderprojekte in Russland und in Argentinien.