Auftrag über 30.000 Tonnen. Auch andere Entsorger haben das Ausland im Blick

Hamburg. Die Stadtreinigung Hamburg lässt von kommender Woche an in ihrer Müllverbrennungsanlage (MVA) an der Schnackenburgallee Abfall aus Großbritannien verfeuern. Nach den Worten von Unternehmenssprecher Reinhard Fiedler geht es um eine Menge von insgesamt 30.000 Tonnen Hausmüll, die binnen eines Jahres angeliefert und verbrannt werden soll. Das entspricht ungefähr 20 bis 25 Prozent der Kapazität dieser Anlage.

Auf diese Art und Weise begegnet die Stadtreinigung einem an sich positiven Umstand, der aber zum Problem werden kann: Hierzulande fällt immer weniger Restmüll an - weniger, als die Öfen in der Region verfeuern können. Und die Lieferverträge, die die Stadtreinigung mit den Betreibern anderer Müllverbrennungsanlagen abgeschlossen hat, haben sehr lange Laufzeiten. "Bis wir aussteigen können, füllen wir die Lücken anders", sagt Fiedler. Und das funktioniere so: Zunächst würden die Kapazitäten in den Anlagen der Vertragspartner genutzt - "denn für die zahlen wir ohnehin", sagt Fiedler. Aufträge wie der aus England trügen dann dazu bei, auch die eigene MVA an der Schnackenburgallee auszulasten.

Um die Verbrennungskapazitäten im Großraum Hamburg - gut eine Million Tonnen pro Jahr - zu reduzieren, hat die Stadtreinigung den Liefervertrag mit der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld (Kreis Stormarn) zum Ende des Jahres 2016 gekündigt. Seitdem stellt sich für deren Eigentümer, die E.on Energy from Waste GmbH (EEW), die Frage, wie es am Standort nach 2017 weitergeht. Nach den Worten des EEW-Vorstandsvorsitzenden Carsten Stäblein "könnte es eine Option sein", auch Stapelfeld für einen begrenzten Zeitraum über 2016 hinaus mit Müll aus dem Ausland zu befeuern. Stäblein: "Auch heute werden in unseren Anlagen, aber auch in denen unserer Wettbewerber nicht unerhebliche Mengen ausländischen Abfalls verbrannt."

Auch in der MVA Borsigstraße, die mehrheitlich zu Vattenfall gehört, seien kürzlich zwei Schiffsladungen Hausmüll aus Irland verbrannt worden, zusammen 5000 Tonnen, wie Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier auf Anfrage mitteilt. "Für uns war das ein interessanter Testfall", sagt er.

Der Müll aus England soll auf Lastwagen mit der Fähre über Cuxhaven nach Hamburg gebracht werden. Geplant sind 1300 Fahrten. "Dabei werden freie Transportkapazitäten auf Lastwagen genutzt, die anderenfalls leer nach Dänemark fahren würden", sagt Reinhard Fiedler. Seinen Worten zufolge sind die Mülltransporte in jeder Hinsicht sinnvoll. "Mit dem Abfall werden in unserer MVA Strom und Fernwärme erzeugt, sodass herkömmlicher Brennstoff eingespart wird." Außerdem würde der Müll in England deponiert werden, was erhebliche Methanemissionen zur Folge hätte: Das klimaschädliche Potenzial von Methan sei 21-mal höher als von Kohlenstoffdioxid, das beim Verbrennen freigesetzt wird. Fiedler: "Klimapolitik ist etwas Globales. Da spielen Ländergrenzen keine Rolle."

Darüber hinaus trügen die Erlöse aus dem Geschäft mit England zur Deckung der Kosten der Müllverbrennungsanlage bei - und somit auch zur Stabilisierung der Müllgebühren in Hamburg.