Mehr als 500 Schüler der Grundschule Rotenhäuser Damm haben gemeinsam einen Elbinsel-Führer geschrieben - mit vielen Tipps für ihren Wohnort Wilhelmsburg.

Wilhelmsburg. Die Kinder der Elbinsel Wilhelmsburg haben viele Lieblingsorte: das Eiscafé, die Buchhandlung, den Elbstrand, die Moschee - und der Fischhändler gehört dazu. "Da gibt es lebendige Fische im Aquarium und nackte zum Braten", weiß Drittklässlerin Leila. Sie ist eine von mehr als 500 jungen Autoren, die einen Inselführer über ihren Wohnort Wilhelmsburg geschrieben haben.

Denn Wilhelmsburg finden die Grundschüler "ziemlich toll" - ungeachtet dessen, dass es nicht nur positive Meldungen sind, die den Stadtteil in die Schlagzeilen bringen. Was sie an Wilhelmsburg lieben, wollen die jungen Autoren anderen Kindern vorstellen - zum Beispiel jenen, die mit ihren Eltern die Internationale Bauausstellung (IBA) oder die Internationale Gartenschau (igs) besuchen. Diese Ausstellungen locken mit spannenden Projekten wie dem Energiebunker, der Magnetschwebebahn oder einem neu gestalteten Park. Darüber hinaus aber können die kleinen Autoren mit dem besten Bonbonladen, der Buslinie "Wilde 13", dem leckersten Döner, einer Freiluftschule, einem Kinderbauernhof, einem Leuchtturm, dem Kinderfestival "Lüttville" und der Windmühle Johanna punkten.

Auf 194 Seiten geben die Kinder ihr Wissen preis, das manchmal sogar Google in die Schranken verweist. Der Spielplatz Modelli etwa, für kleine Wilhelmsburger eine Riesenattraktion, ist dem Suchportal unbekannt. "Wilhelmsburg ist ein Fisch" heißt der Inselführer, an dem Leila und ihre Mitschüler von der Grundschule Rotenhäuser Damm mitgewirkt haben. Warum? Zweitklässlerin Katerina hat sich eine Fahrt im Heißluftballon vorgestellt und liefert die Antwort: "Wilhelmsburg sieht wie ein bunter Plattfisch aus. Er schwimmt Richtung Nordsee, die Wolken sind die Haut des Fisches."

Die Schüler der Elbinsel können besonders stolz darauf sein, dass sie ein Buch geschrieben haben. "Viele von ihnen haben Förderbedarf. Sie kommen aus bildungsfernen Familien, manche ihrer Eltern sind Analphabeten", sagt Leilas Lehrerin Gabriele Glatz-Levermann. Die Wilhelmsburger Schüler hinken ihren Altersgenossen in der Schule bis zu zwei Jahre hinterher. Um das aufzufangen, hat sich bereits vor zehn Jahren das Forum Bildung Wilhelmsburg gegründet. Durch verschiedene Projekte will man den Kindern der Elbinsel Lust auf Bücher machen. So soll ihr Leseverständnis verbessert und ihren Wortschatz erweitert werden.

Der Inselführer ist das neue Projekt. Für 9,90 Euro bekommt man ihn ab sofort in der Wilhelmsburger Buchhandlung Lüdemann (Fährstraße 26, www.luedebuch.de). Der Laden kommt sogar selber darin vor: Der neunjährige Tareq hat ihn zu seinem Lieblingsort gekürt. Er liest nämlich gern - ein Hobby, das er mit auffällig vielen der kleinen Autoren teilt. 14 Kinder empfehlen die Bücherhalle Wilhelmsburg als Ort, an dem man in Ruhe lesen, sich Bücher, Filme und Spiele ausleihen kann. Auch andere Bildungs- und Kulturangebote der Elbinsel haben die Kinder oft zum Lebensmittelpunkt gewählt: das Haus der Jugend, Bauspielplätze, Sportvereine, den Kinderzirkus, das Bürgerhaus - sogar die Schulen. "Ich liebe die Schule. Und ich liebe meine Klasse 3a. Ich bin ein Glückspilz!", lautet etwa der fröhliche Beitrag von Bugse.

Es gibt aber auch Informationen über die Flut, bei der "Autos durch die Straßen schwimmen", wie Jayson schreibt. Und über Vergängliches wie den Fliegenpilz neben dem Spielplatz Mokrystraße, den Aynur und Yelda so schön finden. "Nach der Lektüre werden wir Wilhelmsburg mit anderen Augen sehen", sagt Projektleiterin Maren Töberman vom Forum Bildung Wilhelmsburg. 500 Stück wurden gedruckt.