Alle Standorte werden vermessen. Unnötig große Flächen für Kinder? Die Pläne stoßen auf Widerstand. Viele Eltern protestieren.

Hamburg. Mit Hochdruck suchen Senat und Bezirke in Hamburg nach Flächen, die für das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm der Hansestadt genutzt werden können. Dabei rücken nun vermehrt auch Schulgelände in den Blickpunkt, auf denen neue Wohnungen entstehen könnten. Gerade in belebten innerstädtischen Vierteln, die ohnehin stark verdichtet sind und in denen Kinder nur wenige Freiflächen finden, stoßen diese Pläne allerdings auf Widerstand. In der Schule Rellinger Straße in Eimsbüttel etwa werden die Schüler künftig voraussichtlich zusammenrücken müssen. Ein Teil des Schulhofs soll dem Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden.

Seit dem vergangenen Jahr sind Mitarbeiter von Schulbau Hamburg damit beschäftigt, sämtliche Schulen der Hansestadt genauestens zu vermessen. Ende März sollte der aufwendige Prozess laut Senat abgeschlossen sein. Zum einen dienen die detaillierten Flächenangaben dann als Grundlage für die Mieten, die die Schulbehörde mit Schulbau erstmals quadratmetergenau abrechnet. Zum anderen aber wird mithilfe der Daten der Zubaubedarf an den einzelnen Schulen konkretisiert und auch ermittelt, welche Schulstandorte über zu viele Flächen verfügen. Als Maßstab dafür dient unter anderem das neue Musterflächenprogramm des Senats. Die Finanzbehörde, federführend für den Schulbau zuständig, hatte darin festgelegt, dass jedem Schüler eine Fläche von zwölf Quadratmetern zusteht. Auch für die Größe der Schulhöfe gibt es Richtzahlen. Die Schulbehörde betont zwar, dass kein Automatismus existiere und die Bedürfnisse und Gegebenheiten der einzelnen Schulen berücksichtigt würden. Doch schon als das Musterflächenprogramm bekannt wurde, hatte die Opposition gewarnt, es werde einen Riesendruck auf die Schulen geben, ihre Flächen zu verkleinern.

Das könnte sich jetzt bewahrheiten. An der Schule Rellinger Straße soll ein Teil des Schulhofs verkauft werden. Es sei "korrekt, dass bei einer Neustrukturierung der Schulfläche und nach Teilverkauf ein Potenzial für bis zu 70 Wohneinheiten identifiziert worden ist", bestätigte Schulbehördensprecher Peter Albrecht. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Der Elternrat der Schule hat eine Unterschriftenaktion gegen die Pläne gestartet. "Wenn die Stadt die Horte auflöst und die Kinder künftig einen großen Teil des Tages an der Schule verbringen, muss man auch für Gegebenheiten sorgen, damit sie sich gern hier aufhalten, und nicht eine Zwangsaufbewahrung in kleingerechneten Flächen schaffen", sagt Tanja Pott vom Elternrat. Die Bildungsexpertin der Grünen, Stefanie von Berg, sieht noch weitergehende Probleme: Um die Kosten der milliardenteuren Erweiterung und Modernisierung vieler Schulgebäude zu senken, sei es zwar richtig, sich von nicht mehr benötigten Flächen und Immobilien zu trennen. Freiräume für Kinder aber technokratisch festzulegen und für Schulhöfe fünf Quadratmeter pro Kind einzuräumen werde der Lebenssituation von Kindern nicht gerecht. Die Schulflächen, die man jetzt verkaufe, würden fehlen, wenn mehr Menschen - und auch mehr Familien - in wachsende Viertel wie Eimsbüttel, Altona oder Eppendorf zögen.

Auf dem Gelände der Elbschule am Schultzweg südlich des Hühnerpostens sollen ebenfalls Wohnungen entstehen. Das Bildungszentrum Hören und Kommunikation wird laut Senat zum Standort Holmbrook in Altona verlagert. Geplant sind voraussichtlich mehr als 200 Wohneinheiten. Verkauft werden könnte auch die Handelsschule am Holzdamm in St. Georg - eine Immobilie in bester Alsterlage. Die rund 1300 Berufsschüler sollen aus dem Altbau ins neue Schulzentrum am Berliner Tor ziehen.