Den Wünschen des Betroffenen nachzugeben macht seine Zwänge nur schlimmer

Angehörige von Menschen mit Zwangserkrankungen stecken in der Bredouille: Sie erkennen, dass sich ihr Partner oder ihr Kind zwanghaft verhält; es ärgert sie und bereitet ihnen Kummer, dass dadurch ihr Alltag erheblich beeinträchtigt wird - und trotzdem geben sie dem Drängen des Erkrankten oft nach und beteiligen sich an den Zwangshandlungen, um Konflikte zu vermeiden. Sie kontrollieren den Herd, waschen sich x-mal die Hände, nur um den Betroffenen zufriedenzustellen. Besser wird es dadurch nicht, im Gegenteil: "Die Zwänge werden nur noch schlimmer, wenn Angehörige sich miteinbeziehen lassen", sagt Sina Werkmeister, Psychologin von der Schön Klinik Hamburg Eilbek.

Die Probleme nicht anzupacken, könne Angehörige langfristig stark belasten, sagt Werkmeister. "Sie leiden darunter, immer wieder Zeit zu verlieren; einige schämen sich auch für das Verhalten ihres Partners oder ihres Kindes, etwa gegenüber Nachbarn, und einige machen sich Vorwürfe, wenn sie ihren aufgestauten Unmut an dem Betroffenen ausgelassen haben."

Was aber kann man tun, wenn der Betroffene nicht selbstständig einen Therapeuten aufsucht? Zunächst sollten Angehörige versuchen, dem Betroffenen in einer ruhigen Minute (keinesfalls in einer Zwangssituation) klarzumachen, dass sie sich um ihn Sorgen machen und dass sein Verhalten sie belastet, rät Werkmeister. Angehörige könnten auch schon vorher nach Therapeuten und Selbsthilfegruppen suchen, dem Betroffenen in dem Gespräch davon erzählen und ihm versichern, dass sie ihn unterstützen. Wenn das nichts bringe, könne es auch helfen, Nein zu sagen, also nicht nachzugeben, wenn der Betroffene wieder einmal verlange, erneut den Herd zu kontrollieren oder sich zum wiederholten Mal die Hände zu waschen, sagt Werkmeister. "Das kann dann natürlich zu Konflikten führen, aber bei dem Betroffenen eben auch zu der Einsicht, dass er etwas unternehmen muss, um das Verhältnis zu seinem Partner nicht weiter zu belasten." Sinnvoll könne es für Angehörige zudem sein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen.